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Nachweise und Beschreibungen weiterer Testverfahren bei PubPsych
PDI
Pain Disability Index - deutsche Fassung
Kurzabstract
Der PDI kann bei Patienten mit chronischen Schmerzproblemen eingesetzt werden, um das subjektive Ausmaß an Beeinträchtigung durch die Schmerzproblematik im Alltag zu ermitteln. Er basiert auf einem multidimensionalen Konzept von schmerzbedingter Behinderung und greift dabei auf eine von der WHO (1980) vorgenommene Unterscheidung von Krankheits- und Verletzungsfolgen zurück, in der zwischen Schädigung, Behinderung und Benachteiligung differenziert wird. Erfasst werden sieben Lebensbereiche: (1) Familiäre und häusliche Verpflichtungen, (2) Erholung, (3) Soziale Aktivitäten, (4) Beruf, (5) Sexualleben, (6) Selbstversorgung und (7) Lebensnotwendige Tätigkeiten. Reliabilität: Cronbachs Alpha lag bei Alpha = .83-.90. Validität: Die Eindimensionalität des PDI wurde bestätigt. Die Konstruktvalidität wird durch moderate bis hohe Korrelationen mit den folgenden Indikatoren für die erlebte Behinderung belegt: (1) Down-Time: r = .40; (2) selbstentwickelte funktionale Einschätzungsskala zu Erfassung konkreter Verhaltensbeeinträchtigungen: r = .78; (3) Oswestry Low Back Pain Disability Questionnaire: r = .76. Es ergaben sich Zusammenhänge mit der Schmerzintensität (r = .23-.62), dem Beck-Depressionsinventar (r = .26-.52) und mit der der Depressionsskala CES-D (r = .55). Für die kriterienbezogene Validität sprechen auch Befunde an stationären Schmerzpatienten, denen auf Grundlage des Mainzer Stadienkonzeptes chronischer Schmerzen drei Chronifizierungsstadien zugeteilt wurden. Normen: Es liegen Prozentränge vor.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: PDI. Pain Disability Index - deutsche Fassung. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9003694
Zitierung
Dillmann, U., Nilges, P., Saile, H. & Gerbershagen, H. U. (2011). PDI. Pain Disability Index - deutsche Fassung [Verfahrensdokumentation und Fragebogen]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.4505
Kurzinformationen
Kurzname PDI
Engl. Name Pain Disability Index - German version
Autoren Dillmann, U., Nilges, P., Saile, H., Gerbershagen, H.U.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2011
Copyright/Lizenz Copyright Autoren; CC-BY-SA 4.0
Schlagworte Schmerzmessung, Patienten, Chronischer Schmerz, Schmerzbehandlung, Schmerzwahrnehmung, Invaliditätsbegutachtung
Sprachversionen deu
Konstrukt Chronischer Schmerz
Altersbereich Erwachsene
Itemzahl 7 Items
Subskalen (1) Familiäre und häusliche Verpflichtungen, (2) Erholung, (3) Soziale Aktivitäten, (4) Beruf, (5) Sexualleben, (6) Selbstversorgung, (7) Lebensnotwendige Tätigkeiten
Durchführungszeit Wenige Minuten.
Auswertungsdauer Wenige Minuten.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha = .83-.90.
Befunde zur Eindimensionalität, kriteriumsbezogenen und Konstruktvalidität.
N = 309; Prozentränge
Anwendungsbereich Klinische Diagnostik, Forschung
Diagnostische Zielsetzung
Der Fragebogen kann bei Patienten mit chronischen Schmerzproblemen eingesetzt werden, um das subjektive Ausmaß an Beeinträchtigung durch die Schmerzproblematik im Alltag zu ermitteln. Er eignet sich für eine Verwendung als Forschungsinstrument ebenso wie für den routinemäßigen Einsatz in der klinischen Praxis.
Aufbau
Mit dem Fragebogen werden Selbsteinschätzungen des Ausmaßes erfasst, in dem Menschen mit chronischen Schmerzen sich im Alltag durch ihre Krankheit beeinträchtigt fühlen. Hierzu werden sieben Lebensbereiche aufgeführt und jeweils durch kurze Erläuterungen präzisiert: (1) "Familiäre und häusliche Verpflichtungen", (2) "Erholung", (3) "Soziale Aktivitäten", (4) "Beruf", (5) "Sexualleben", (6) "Selbstversorgung" und (7) "Lebensnotwendige Tätigkeiten". Auf 11-stufigen Ratingskalen, die verbal mit den Polen 0 = "keine Beeinträchtigung" und 10 = "völlige Beeinträchtigung" verankert sind, sollen die Patienten die für sie typische Stärke der Beeinträchtigung einschätzen. Durch Aufsummieren aller Items wird ein Gesamtwert gebildet, der als Globalmaß für den Grad der Beeinträchtigung interpretiert wird.
Grundlagen und Konstruktion
Der PDI wurde speziell für Patienten mit chronischen Schmerzen - unabhängig von der Schmerzlokalisation oder Ätiologie der Schmerzproblematik - entwickelt. Er basiert auf einem multidimensionalen Konzept von schmerzbedingter Behinderung und greift dabei auf eine von der WHO (1980) vorgenommene Unterscheidung von Krankheits- und Verletzungsfolgen zurück, in der zwischen Schädigung (impairment), Behinderung (disability) und Benachteiligung (handicap) differenziert wird. "Schmerzbedingte Behinderungen", wie sie durch den PDI abgebildet werden sollen, stellen eine subjektiv wahrgenommene Beeinträchtigung der Fähigkeit dar, bestimmte Verhaltensweisen und Aktivitäten auszuüben, die im statistischen Sinne als "normal" anzusehen sind. Diese Behinderungen gehen ihrerseits auf komplexe Wechselbeziehungen zwischen biologischen, psychischen und sozialen Faktoren zurück und können auch bei Konstanthaltung organisch-medizinischer Faktoren (d.h. unabhängig vom Grad der diagnostizierbaren organischen Schädigung) interindividuell höchst unterschiedlich ausfallen (Dillmann, Nilges, Saile & Gerbershagen, 1994). Eine angemessene Erfassung schmerzbedingter Behinderung erfordert daher die Gewinnung diagnostischer Informationen aus unterschiedlichen, komplementären Datenquellen. Bei der deutschsprachigen Fassung des PDI handelt es sich um die Übersetzung der empirisch bewährten englischen Originalversion des Verfahrens (Pollard, 1984; Tait, Chibnall & Krause, 1990; Tait, Pollard, Margolis, Duckro & Krause, 1987). Sowohl das Format der Items als auch die Skalierung wurden beibehalten und es wurden nur einzelne Formulierungen geringfügig adaptiert. In vier unabhängigen Studien wurde die deutsche Adaptation hinsichtlich ihrer Gütekriterien gemäß der Klassischen Testtheorie überprüft. Untersucht wurden eine Stichprobe von n = 42 Patienten mit einer bevorstehenden Hüftoperation (27 Frauen, 15 Männer, mittleres Alter M = 58.40 Jahre; Nilges, Deuker & Kirschner, 1992) sowie drei Gruppen von stationären bzw. ambulanten chronischen Schmerzpatienten:
- n = 154 (77 Frauen, 77 Männer, M = 44.95 Jahre; Luka-Krausgrill, Wurmthaler & Becker, 1994)
- n = 40 (25 Frauen, 15 Männer, M = 47.83 Jahre; Saile & Dieterich, 1992)
- n = 82 (43 Frauen, 39 Männer, M = 44.68 Jahre; Saile & Schmitz, 1991). Ergebnisse von Faktoren-, Item- und Skalenanalysen sprachen für die Beibehaltung des PDI in der bestehenden Form.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Reliabilität: Für den Gesamtwert wurden interne Konsistenzen (Cronbachs Alpha) zwischen a = .83 (Saile & Dieterich, 1992) und a = .90 (Luka-Krausgrill et al., 1994) ermittelt. Validität: Zur Prüfung der Eindimensionalität des PDI wurden Hauptkomponentenanalysen mit anschließender Varimaxrotation getrennt für die vier Studien sowie für die Gesamtstichprobe berechnet. Unter Verwendung des Scree-Tests als Kriterium für die angemessene Faktorenzahl ergaben sich jeweils einfaktorielle Lösungen. In der Gesamtstichprobe (n = 275 vollständige Datensätze) wurden durch den Faktor 59 Prozent der Gesamtvarianz erklärt (Dillmann et al., 1994). Die Konstruktvalidität des PDI wird durch moderate bis hohe Korrelationen mit den folgenden Indikatoren für die erlebte Behinderung belegt:
- "Down-Time", d.h. vom Patienten wegen der Schmerzen tagsüber ruhend bzw. liegend verbrachte Zeit (r = .40);
- einer selbstentwickelten "funktionalen Einschätzungsskala" zur Erfassung konkreter Verhaltensbeeinträchtigungen (r = .78);
- Oswestry Low Back Pain Disability Questionnaire (OBQ ;Fairbank, Couper, Davies & O'Brien, 1980; r = .76). Die Kriteriumsvalidität wurde über Korrelationen mit schmerzbezogenen Variablen und Maßen der psychischen Beeinträchtigung geprüft. Im Einzelnen ergaben sich Zusammenhänge des PDI mit - der Schmerzintensität (operationalisiert durch visuelle Analogskalen; r = .23 bzw. r = .62);
- dem Beck-Depressionsinventar (BDI ;Kammer, 1983; r = .52 bzw. r = .26);
- der Depressionsskala CES-D (Hautzinger, 1988; r = .55). Für die kriterienbezogene Validität sprechen auch Befunde einer Studie an N = 284 stationären Schmerzpatienten (Wurmthaler et al., 1996), denen auf Grundlage des Mainzer Stadienkonzeptes chronischer Schmerzen drei Chronifizierungsstadien zugeteilt wurden; hier wurde tendenziell (p = .051) mit zunehmendem Chronifizierungsgrad der Schmerzen auf dem PDI eine stärkere Behinderung angegeben. Normen: Es liegen Prozentränge vor, die in vier Studien an insgesamt N = 309 Schmerzpatienten gewonnen wurden (Dillmann et al., 1994). Eine varianzanalytische Überprüfung ergab keine statistisch bedeutsamen Unterschiede zwischen PDI-Summenwerten der Studien; ebenso fanden sich keine Alters- oder Geschlechtseffekte.
Testkonzept
Auswertungszeit
Die Auswertungszeit beträgt nur wenige Minuten.
Items
Bitte geben Sie im folgenden an, wie stark Sie durch Ihre Schmerzen in den verschiedenen Bereichen Ihres Lebens beeinträchtigt sind.
-
Familiäre und häusliche Verpflichtungen (dieser Bereich bezieht sich auf Tätigkeiten, die das Zuhause oder die Familie betreffen. Er umfaßt Hausarbeit und Tätigkeiten rund um das Haus bzw. die Wohnung, auch Gartenarbeiten).
-
Erholung (dieser Bereich umfaßt Hobbies, Sport und Freizeitaktivitäten)
-
Soziale Aktivitäten (dieser Bereich bezieht sich auf das Zusammensein mit Freunden und Bekannten, wie z.B. Feste, Theater - und Konzertbesuche, Essen gehen und andere soziale Aktivitäten)
-
Beruf (dieser Bereich bezieht sich auf Aktivitäten, die ein Teil des Berufs sind oder unmittelbar mit dem Beruf zu tun haben; gemeint ist auch Hausfrauen(männer)tätigkeit)
-
Sexualleben (dieser Bereich bezieht sich auf die Häufigkeit und die Qualität des Sexuallebens)
-
Selbstversorgung (dieser Bereich umfaßt Aktivitäten, die Selbständigkeit und Unabhängigkeit im Alltag ermöglichen, wie z.B. sich waschen und anziehen, Autofahren, ohne dabei auf fremde Hilfe angewiesen zu sein)
-
Lebensnotwendige Tätigkeiten (dieser Bereich bezieht sich auf absolut lebensnotwendige Tätigkeiten wie Essen, Schlafen und Atmen)
Durchführung
Altersbereiche
Das Verfahren eignet sich für erwachsene Patienten mit chronischen Schmerzen.
Durchführungszeit
Die Bearbeitungszeit beträgt nur wenige Minuten.
Bewertung
Bei dem PDI handelt es sich um ein sehr ökonomisches und daher im klinischen Alltag wie auch der Forschung gut einsetzbares Instrument, das bei chronischen Schmerzpatienten herangezogen werden kann, um schmerzbedingte Behinderungen aus Patientensicht reliabel und valide abzubilden. Da subjektive Beeinträchtigungen oftmals nicht mit dem Ausmaß organischer Schädigungen korrespondieren, stellen die mit dem PDI erhobenen Selbsteinschätzungen eine wertvolle Ergänzung der multiaxialen Schmerzdiagnostik dar. Empfohlen wird eine zusätzliche Berücksichtigung verhaltensbezogener Daten sowie die Hinzuziehung weiterer Datenquellen (z.B. Behinderungseinschätzung durch den Partner; Dillmann et al., 1994).
Erstmals publiziert in:
Dillmann, U., Nilges, P., Saile, H. & Gerbershagen, H. U. (1994). Behinderungseinschätzung bei chronischen Schmerzpatienten. Der Schmerz, 8 (2), 100-110. PSYNDEX Dok.-Nr. 0088477
Literatur
Dillmann, U., Nilges, P., Saile, H. & Gerbershagen, H.U. (1994). Behinderungseinschätzung bei chronischen Schmerzpatienten. Schmerz, 8, 100-110. PSYNDEX Dok.-Nr. 0088477
Fairbank, C.T., Couper, J., Davies, J.B. & O'Brien, J.P. (1980). The Oswestry Low Back Pain Disability Questionnaire. Physiotherapy, 66, 271-273.
Hautzinger, M. (1988). Die CES-D Skala. Ein Depressionsmessinstrument für Untersuchungen in der Allgemeinbevölkerung. Diagnostica, 34, 167-173. PSYNDEX Dok.-Nr. 0029275
Kammer, D. (1983). Eine Untersuchung der psychometrischen Eigenschaften des deutschen Beck-Depressionsinventars (BDI). Diagnostica, 29, 48-60. PSYNDEX Dok.-Nr. 1009305
Luka-Krausgrill, U., Wurmthaler, C. & Becker, T. (1994). Die Beziehung zwischen Schmerzbewältigung, Beeinträchtigung und Depression bei chronischen Schmerzen. In R. Wahl & M. Hautzinger (Hrsg.), Verhaltensmedizin chronischer Schmerzen (S. 175-189). Köln: Deutscher Ärzte-Verlag.
Nilges, P., Deuker, N. & Kirschner, P. (1992). Schmerz, Funktionsbehinderung, psychische Beeinträchtigung und Behandlungsverlauf bei Patienten mit Hüftgelenk-Prothesen. In L. Montada (Hrsg.), Bericht über den 38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Trier 1992 (S. 532). Göttingen: Hogrefe.
Pollard, C.A. (1984). Preliminary validity study of the Pain Disability Index. Perceptual and Motor Skills, 59 (3), p. 974.
Saile, H. & Dieterich, A. (1992). Familiäre und schmerzbezogene Merkmale aus der Sicht von chronischen Schmerzpatienten und deren Partnern. Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 42, 273-278. PSYNDEX Dok.-Nr. 0067887
Saile, H. & Schmitz, U. (1991). Zur Überprüfung des Circumplex-Modells: Familiäre Adaptabilität und Kohäsion bei chronischen Schmerzpatienten. System Familie, 4, 223-235. PSYNDEX Dok.-Nr. 0059438
Tait, R.C., Chibnall, J.T. & Krause, S. (1990). The Pain Disability Index: psychometric properties. Pain, 40, 171-182.
Tait, R.C., Pollard, C.A., Margolis, R.B., Duckro, P.N., & Krause, S.J. (1987). The Pain Disability Index: psychometric and validity data. Archives of Physical and Medical Rehabilitation, 68, 438-441.
World Health Organization (WHO). (1980). International classification of impairments, disabilities, and handicaps. Geneva: WHO.
Wurmthaler, C., Gerbershagen, H.U., Dietz, G., Korb, J., Nilges, P. & Schilling, S. (1996). Chronifizierung und psychologische Merkmale - Die Beziehung zwischen Chronifizierungsstadien bei Schmerz und psychophysischem Befinden, Behinderung und familiären Merkmalen. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 4, 113-136. PSYNDEX Dok.-Nr. 0102031
Orginalfassung/Anderssprachlige Fassungen
Tait, R.C., Pollard, C.A., Margolis, R.B., Duckro, P.N. & Krause, S.J. (1987). The Pain Disability Index: psychometric and validity data. Archives of Physical and Medical Rehabilitation, 68, 438-441. (Originalfassung S. 441).
Westhoff, G. (Hrsg.). (1993). Handbuch psychosozialer Meßinstrumente. Ein Kompendium für epidemiologische und klinische Forschung zu chronischer Krankheit (Testkurzdarstellung PDI Pain Disability Index, Pollard; PDI dt. Version, Schmitz et al.: S. 627-629). Göttingen: Hogrefe. PSYNDEX Dok.-Nr. 0071014
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Kontaktdaten
Dr. Paul Nilges, Dipl.-Psych.
Dr. Helmut Saile, Dipl.-Psych., Universität Trier, Fachbereich I - Psychologie, Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universitätsring 15, D-54296 Trier
Prof. Dr. Hans-Ulrich Gerbershagen, Emeritus, Ehemaliger Direkter des DRK Schmerz-Zentrum Mainz, Auf der Steig 16, D-55131 Mainz