Testinstrumente sortiert
Ansprechpartnerin
Gülay Karadere (Dipl.-Psych.)
Zuständigkeit: Open Test Archive
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guek@leibniz-psychology.org
Nachweise und Beschreibungen weiterer Testverfahren bei PubPsych
TF
Trauerfragebogen
Kurzabstract
Mit dem TF lassen sich in Anlehnung an die Hogan Grief Reaction Checklist (HGRC; Hogan, 1987) individuelle Trauerreaktionen messen. Ebenso kann die Multidimensionalität des Trauerprozesses aufgezeigt werden. Weiterhin kann der Faktor "Innere Stärke/Persönliches Wachstum" als integraler Bestandteil des Trauerprozesses nachgewiesen werden. Der Fragebogen umfasst 61 Items, die den folgenden fünf Subskalen zugeordnet sind: (1) Verzweiflung und Gefühl von Distanz, (2) Feindseligkeit und Bitterkeit, (3) Körperliche Reaktionen, (4) Innere Stärke/Persönliches Wachstum, (5) Kognitiver Faktor. Reliabilität: Berechnet wurden nach Cronbach für die Gesamtskala Alpha = .96, für die Subskalen Werte zwischen Alpha = .81 und Alpha = .96. Validität: Den ersten Befunden nach zu urteilen handelt es sich um ein valides Instrument. Die faktorielle Struktur der HGRC konnte weitgehend repliziert werden. Normen: Die Normierung erfolgte an einer Gruppe von 314 Personen der Normalbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland im Alter von 18 bis 55 Jahren.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: TF. Trauerfragebogen. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9004952
Zitierung
Weiser, P. & Ochsmann, R. (2004). TF. Trauerfragebogen [Verfahrensdokumentation, Trauerfragebogen und Studie zu Trauereaktionen]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.6589
Kurzinformationen
Kurzname TF
Engl. Name Hogan Grief Reaction Checklist - German version
Autoren Weiser, P., Ochsmann, R.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2004
Copyright/Lizenz Copyright Autoren; CC-BY-NC-ND 3.0
Schlagworte Trauer, Tod und Sterben, Emotionale Zustände, Emotionale Reaktionen
Sprachversionen deu
Konstrukt Trauerreaktion
Altersbereich 18-55 Jahre
Itemzahl 61 Items
Subskalen (1) Verzweiflung und Gefühl von Distanz, (2) Feindseligkeit und Bitterkeit, (3) Körperliche Reaktionen, (4) Innere Stärke/Persönliches Wachstum, (5) Kognitiver Faktor
Durchführungszeit 15-20 Min.
Auswertungsdauer ca. 5 Min.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha = .81-.96.
Angaben zur Konstrukt- und Kriteriumsvalidität.
N = 314; Referenzdaten: Mittelwerte und Standardabweichungen.
Anwendungsbereich Forschung
Diagnostische Zielsetzung
Der Fragebogen stellt ein Forschungsinstrument dar, mit dessen Hilfe sich individuelle Trauerreaktionen messen lassen und die Multidimensionalität des Trauerprozesses aufgezeigt werden kann. Weiterhin kann der Faktor "Innere Stärke/Persönliches Wachstum" als integraler Bestandteil des Trauerprozesses nachgewiesen werden.
Aufbau
Der Fragebogen umfasst insgesamt 61 geschlossene Fragen mit fünfstufigem Antwortformat (1 = stimmt nicht bis 5 = stimmt voll und ganz). Die Items sind den folgenden fünf Subskalen zugeordnet: F1: "Verzweiflung und Gefühl von Distanz", F2: "Feindseligkeit und Bitterkeit", F3: "Körperliche Reaktionen", F4: "Innere Stärke/Persönliches Wachstum", F5: "Kognitiver Faktor".
Grundlagen und Konstruktion
Trotz zahlreicher Aktivitäten stehen für den deutschsprachigen Raum derzeit nur wenige geeignete Verfahren zur Verfügung, um Trauerreaktionen zu erfassen. In Anlehnung an die "Hogan Grief Reaction Checklist" (HGRC; Hogan, 1987) wurde ein deutschsprachiger Fragebogen konstruiert und anschließend einer testtheoretischen und dimensionalen Analyse unterzogen. In einem ersten Schritt wurde die 61 Items umfassende Hogan Grief Reaction Checklist aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzt. Diese reine Übersetzung der Items führte jedoch oftmals zu sprachlich wenig glatten und teilweise leicht missverständlichen Formulierungen. Auf Grund dieser Tatsache wurde mit verschiedenen Personen eine geeignete Formulierung der einzelnen Items diskutiert und diese Version von drei "Native speakern" in die amerikanische Sprache zurückübersetzt.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Die Analysestichprobe setzt sich aus 314 erwachsenen Probanden, Alter 18 bis 55 Jahre, aus der Bundesrepublik Deutschland (Analysestichprobe) zusammen. Reliabilität: Berechnet wurden nach Cronbachs Alpha für die Gesamtskala .96, für die Subskalen "Verzweiflung und Gefühl von Distanz" .96, "Feindseligkeit und Bitterkeit" .92,"Körperliche Reaktionen" .89, "Innere Stärke/Persönliches Wachstum" .93 und "Kognitiver Faktor" .81. Validität: Den ersten Befunden nach zu urteilen handelt es sich um ein valides Instrument. Die faktorielle Struktur der HGRC konnte weitgehend repliziert werden. Normen: Die Normierung erfolgte an einer Gruppe von 314 Personen der Normalbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland im Alter von 18 bis 55 Jahren.
Testkonzept
Theoretischer Hintergrund
Lange Zeit wurden in der Trauerforschung die Reaktionen auf einen Todesfall über die Erfassung psychiatrischer Symptome gemessen (Neimeyer & Hogan, 2001). Doch der Einsatz solcher Instrumente ermöglicht lediglich die Erfassung von bestimmten Symptomen, die sich sowohl bei trauernden Individuen als auch bei klinischen Patienten zeigen. Es handelt sich hier also nicht um die Messung spezifischer Trauersymptome bzw. -reaktionen. Zudem dienen diese Instrumente dazu, die Ausprägung einer Pathologisierung zu messen. Wird Trauer aber als eine normale Reaktion auf einen Verlust definiert, ist die Limitation dieser Instrumente offensichtlich. Schon 1917 hat Freud in seinem Werk "Trauer und Melancholie" zwischen normaler und pathologischer Trauer (im Sinne von klinischer Depression oder "Melancholie") unterschieden. Und nach Worden (1991) kommt es - im Unterschied zur klinischen Depression - bei einer Trauerreaktion nicht zu einer Schwächung oder einem völligen Verlust des Selbstwertgefühls. Des Weiteren zeigen die Befunde empirischer Untersuchungen, dass Trauersymptome ein zu Symptomen der Depression differenziertes Cluster aufweisen, was gegen eine sinnvolle Verwendung von Depressionsskalen zur Messung von Trauer spricht (Byrne & Raphael, 1997). Weitere Messinstrumente wurden mit der Absicht entwickelt, speziell jene Reaktionen zu erfassen, die auf den Tod einer nahe stehenden Person folgen. Hierzu gehören u.a. das "Texas Inventory of Grief" (TIG; Faschingbauer, DeVaul & Zisook, 1977), das "Texas Revised Inventory of Grief" (TRIG; Faschingbauer, 1987) und das "Grief Experience Inventory" (GEI) von Sanders, Mauger und Strong (1985). Darüber hinaus bestehen neben diesen zuletzt genannten Messinstrumenten, die der Erfassung des so genannten "normalen" Trauerprozesses dienen und die für einen relativ breiten Anwendungsbereich geeignet sind, Instrumente, die nur in einem ganz bestimmten Bereich sinnvoll eingesetzt werden können. Hierzu gehören z.B. die "Anticipatory Grief Scale" (Theut, Jordan, Ross & Deutsch, 1991), das "Hogan Sibling Inventory of Bereavement" (Hogan & Greenfield, 1991), die "Complicated Grief Symptoms Questions" (Horowitz, Siegel & Holen, 1997) und die "Perinatal Grief Scale" (Toedter, Lasker & Alhadeff, 1988). Die begrenzte Verwendung dieser Instrumente ist schon an ihrer jeweiligen Bezeichnung erkennbar; sie sind entweder nur für eine bestimmte Stichprobe (Eltern, Geschwister) geeignet oder sie beabsichtigen nicht, den normalen Trauerprozess zu erfassen. Neben diesen Limitationen wird an den bisher publizierten Trauerinstrumenten vor allem auch die Vernachlässigung der Erforschung der Multidimensionalität des Konstrukts Trauer sowie das rational-methodische Vorgehen bei der Entwicklung der Skalen kritisiert, da hierdurch bedeutsame Probleme mit der internen Validität eines Messinstrumentes auftreten können. Mit dieser Problematik setzte sich Hogan (1987; Hogan, Greenfield & Schmidt, 2001) auseinander und konstruierte einen Fragebogen, dessen Skalenentwicklung auf der empirischen Methode basiert. Es handelt sich hierbei um die Hogan Grief Reaction Checklist (HGRC), mit der sich die multidimensionale Natur des normalen Trauerprozesses aufzeigen lässt. Da sich kein deutschsprachiges Instrument fand, das den von Hogan postulierten Anforderungen entspricht, erfolgte bei der Generierung des Trauerfragebogens für den deutschsprachigen Raum eine verstärkte Beachtung der Konzeption der HGRC. Hogan (1987) konstruierte einen Fragebogen, mit dem sich die multidimensionale Natur des so genannten normalen Trauerprozesses aufzeigen lässt. Die Hauptachsenfaktorenanalyse mit Varimaxrotation ergab sechs Faktoren mit Eigenwert größer 1. Items mit einer Faktorenladung unter .40 wurden von der weiteren Analyse ausgeschlossen. Items, die auf zwei oder mehrere Faktoren luden, wurden jenem Faktor zugewiesen, bei dem das Item die höchste Ladung aufwies. Die Dimensionen bezeichnete man wie folgt: "Despair" (13 Items), "Panic Behavior" (14 Items), "Personal Growth" (11 Items), "Blame and Anger" (7 Items), "Detachment" (8 Items) und "Disorganization" (8 Items). Die Subskala "Despair" steht für eine emotionale Trauerkomponente, die durch Gefühle von Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit und Sehnsucht nach der verstorbenen Person gekennzeichnet ist. Physiologische Merkmale werden über die Subskala "Panic Behavior" erfasst, wie z.B. die Erregung des autonomen Nervensystems in Verbindung mit Angst oder somatische Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen, Magenbeschwerden oder Müdigkeit. Die 11 Items der "Personal Growth"-Skala messen das spirituelle und existentielle Bewusstsein der Hinterbliebenen über die Erfassung von Aussagen zu den Bereichen Nachsichtigkeit, Mitgefühl, Sorge und Verantwortung für andere sowie Toleranz gegenüber sich und dem sozialen Umfeld. Die Subskala "Blame and Anger" umfasst Items zu Gefühlen von Bitterkeit, Feindseligkeit und dem Wunsch nach Vergeltung. Vermeidung von Zärtlichkeit und Zuneigung, Rückzug aus der sozialen Gesellschaft und Gefühl von Distanz zu der eigenen Person, aber auch zu anderen betreffen die Items der Skala "Detachment". Kognitive Merkmale, wie Konzentrationsschwierigkeiten, das Erlernen und Behalten neuer Informationen sowie die Erinnerung an vergangene Zeiten werden über die "Disorganization"-Skala erfasst. Die interne Konsistenz (berechnet nach Cronbachs Alpha) der sechs Skalen liegt im Bereich von .79 und .90. Die Korrelationskoeffizienten der vier Wochen später durchgeführten Test-Retest-Reliabilitätsanalyse bescheinigen die Stabilität der HGRC-Scores über die Zeit ("Despair": .84; "Panic Behavior": .79; "Personal Growth": .81; "Blame and Anger": .56; "Detachment": .77; "Disorganization": .85). Die Skala "Personal Growth" korreliert negativ mit den übrigen fünf Subskalen. Zur Bestimmung der konvergenten und divergenten Validität wurden die sechs Subskalen der HGRC mit den Scores der Subskalen des "Texas Revised Inventory", des "Grief Experience Inventory" und der "Impact of Event Scale" miteinander verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Subskalen der HGRC mit den entsprechenden Subskalen des TRIG (-.47 bis .46), GEI (-.50 bis .69) und IES (-.44 bis .62) korrelieren. Aufgrund der Befunde der Studie lässt sich zusammengefasst feststellen, dass es sich bei der HGRC um ein reliables und valides Messinstrument handelt, das auf die Bedeutung einer multidimensionalen Konzeptionalisierung der Trauer hinweist. Zudem liefert das Instrument einen Beleg dafür, dass es sich bei dem Faktor "Personal Growth" um eine integrale Komponente des Konstrukts Trauer handelt.
Testaufbau
Es handelt sich um einen "Papier- und Bleistift"-Test. Der Fragebogen umfasst insgesamt 61 Items. Es handelt sich hierbei um geschlossene Fragen mit folgendem vorgegebenen Antwortformat: 1 = stimmt nicht, 2 = stimmt eher nicht, 3 = stimmt etwas, 4 = stimmt größtenteils, 5 = stimmt voll und ganz. Die 61 Items sind jeweils einer der folgenden fünf Subskalen zugeordnet: Subskala F1: "Verzweiflung und Gefühl von Distanz"; Subskala F2: "Feindseligkeit und Bitterkeit"; Subskala F3: "Körperliche Reaktionen"; Subskala F4: "Innere Stärke/Persönliches Wachstum"; Subskala F5: "Kognitiver Faktor".
Auswertungsmodus
Von den insgesamt 61 Items des Trauerfragebogens werden 12 Items (Item 2, 10, 12, 19, 24, 30, 36, 41, 45, 51, 60, 61) rekodiert, so dass eine hohe Ausprägung aller Items entweder als das Vorhandensein vieler verschiedener Trauerreaktionen und/oder eines starken Erlebens vorhandener Reaktionen zu verstehen ist, was sich als Ausdruck intensiver Trauer interpretieren lässt.
Auswertungshilfen
Spezielle Auswertungshilfen sind nicht erforderlich.
Auswertungszeit
In ca. 5 Minuten erhält man einen Überblick über die Antworten (über den Gesamt-Score als auch über die fünf Subskalen-Scores).
Itembeispiele
- Ich quäle mich oft mit Gedanken über ihren/seinen Tod (Subskala F1 "Verzweiflung und Gefühl von Distanz").
- Ich bin oft verbittert (Subskala F2 "Feindseligkeit und Bitterkeit").
- Manchmal fängt mein Herz grundlos an zu rasen (Subskala F3 "Körperliche Reaktionen").
- Durch die Trauer, die ich erlebt habe, bin ich innerlich stärker geworden (Subskala F4 "Innere Stärke/Persönliches Wachstum").
- Ich habe Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren (Subskala F5 "Kognitiver Faktor").
Items
Anmerkung: Im Folgenden werden alle 61 Items des Trauerfragebogens dargeboten. Dabei erfolgt die Zuordnung der Items zu der entsprechenden Subskala F1 bis F5. Die Itemnummer gibt die Stellung eines Items in dem Trauerfragebogen an.
F1: "Verzweiflung und Gefühl von Distanz"
01 All meine Hoffnungen sind zerschlagen.
03 Über das Kommen und Gehen meiner Traurigkeit habe ich kaum Kontrolle.
04 Ich mache mir ständig Sorgen.
06 Ich fühle mich, als stände ich unter Schock.
09 Ich habe das Gefühl, wertlos zu sein.
11 Ich denke, es wäre besser gewesen, wenn ich gestorben wäre und er/sie noch leben würde.
14 Ich fühle eine Schwere in meinem Herzen.
17 Ich möchte sterben, um bei ihr/ihm zu sein.
21 Ich fühle mich wankend und unsicher.
22 Ich weiß nicht mehr, wer ich wirklich bin.
23 Ich habe mein Selbstvertrauen verloren.
25 Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder glücklich sein werde.
26 Es fällt mir schwer, mich an Dinge aus der Vergangenheit zu erinnern.
27 Ich bin oft voller Angst.
28 Ich fühle mich unfähig, mit der derzeitigen Situation fertig zu werden.
29 Ich quäle mich oft mit Gedanken über ihren/seinen Tod.
33 Ich fühle mich so, als wäre ich in Trance.
35 Ich vermeide Zärtlichkeiten.
40 Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass der Tod endgültig ist.
43 Ich habe das Gefühl, als würde ich mich selber nicht kennen.
44 Ich bin oft müde.
47 Ich habe keine Hoffnung mehr.
50 Ich fühle mich häufig krank.
53 Ich habe Angst davor, dass ich die Kontrolle über mich verliere.
54 Ich spüre eine Distanz zwischen mir und anderen
57 Alle Aufgaben erscheinen mir unüberwindlich.
59 Mich schmerzt oft die Einsamkeit.
F2: "Feindseligkeit und Bitterkeit"
05 Ich bin oft verbittert.
08 Ich bin gereizt.
15 Ich spüre Rachegefühle in mir.
37 Ich habe feindselige Gefühle.
42 Ich schiebe anderen die Schuld zu.
48 Ich möchte anderen Schaden zufügen.
58 Ich werde oft ärgerlich.
F3: "Körperliche Reaktionen"
07 Manchmal fängt mein Herz grundlos an zu rasen.
13 Ich habe häufig Kopfschmerzen.
16 Ich fühle ein Brennen in meinem Magen.
18 Ich habe häufig Muskelverspannungen.
31 Schon Kleinigkeiten lösen bei mir Panikattacken aus.
34 Ich leide unter Kurzatmigkeit.
38 Manchmal ist mir schwindelig.
52 Ich habe oft Rückenschmerzen.
55 Ich weine häufig.
56 Ich erschrecke leicht.
F4: "Innere Stärke/Persönliches Wachstum"
02 Ich habe gelernt, mit dem Leben besser zurechtzukommen.
12 Ich sehe jetzt wieder hoffnungsvoller in die Zukunft.
19 Ich habe jetzt mehr Mitgefühl für andere.
24 Durch die Trauer, die ich erlebt habe, bin ich innerlich stärker geworden.
30 Ich bin jetzt eine nachsichtigere Person.
36 Ich bin mir gegenüber toleranter geworden.
41 Ich bin anderen gegenüber toleranter.
45 Ich sehe voller Hoffnung in die Zukunft.
51 Ich habe einen Wendepunkt erreicht, an dem ich begonnen habe, einen Teil meiner Trauer loszulassen.
61 Ich zeige anderen gegenüber jetzt mehr Anteilnahme.
F5: "Kognitiver Faktor"
20 Ich vergesse jetzt häufiger Dinge, wie z.B. Namen oder Telefonnummern.
32 Ich habe Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren.
39 Ich habe Schwierigkeiten, neue Dinge zu lernen.
46 Abstraktes Denken fällt mir seit ihrem/seinem Tod schwer.
49 Ich habe Schwierigkeiten, neue Informationen zu behalten.
Durchführung
Testformen
Das Verfahren kann als Einzel- und Gruppentest durchgeführt werden. Parallelformen liegen nicht vor.
Altersbereiche
Erwachsene im Alter von 18-55 Jahren.
Durchführungszeit
Die Testdurchführung beträgt etwa 15 bis 20 Minuten.
Material
Fragebogen und Schreibgerät.
Instruktion
Dem Fragebogen ist folgende schriftliche Instruktion vorangestellt: "Der folgende Fragebogen besteht aus einer Aufzählung von Gedanken und Gefühlen, die Sie möglicherweise gehabt haben könnten, nachdem eine Ihnen nahe stehende Person verstorben ist. Bitte erinnern Sie sich jetzt an den für Sie persönlich bedeutsamsten Verlust und versetzen Sie sich gedanklich in diese Zeit zurück. Lesen Sie nun jede Aussage sorgfältig durch. Wählen Sie dann aus den fünf vorgegebenen Antworten diejenige aus, die am besten beschreibt, wie Sie sich in den ersten Monaten nach dem Tod gefühlt haben. Kreuzen Sie die dazugehörige Ziffer (1, 2, 3, 4 oder 5) an. Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten. Bitte lassen Sie keine Aussage aus. Sollten Sie eine Zahl irrtümlich angekreuzt haben, machen Sie einfach einen Kreis um diese Zahl und kreuzen Sie die richtige an."
Durchführungsvoraussetzungen
Die Teilnehmer müssen den Tod einer emotional nahe stehenden Person erfahren haben. Der Fragebogen kann von den Probanden eigenhändig ausgefüllt werden. Die Bearbeitung des Trauerfragebogens führt meist zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Tod und der dem eigenen Trauererleben. Aus diesem Grund sollte in der Testsituation ein geeigneter Ansprechpartner anwesend sein, der im Umgang mit trauernden Personen Erfahrung hat und gegebenenfalls intervenieren kann.
Testkonstruktion
Der "Trauerfragebogen" wurde auf folgende Weise generiert (siehe Weiser, 2003): In einem ersten Schritt wurde die 61 Items umfassende Hogan Grief Reaction Checklist aus dem Amerikanischen in die deutsche Sprache übersetzt. Diese reine Übersetzung der Items führte jedoch oftmals zu sprachlich wenig glatten und teilweise leicht missverständlichen Formulierungen. Auf Grund dieser Tatsache wurde mit verschiedenen Personen eine geeignete Formulierung der einzelnen Items diskutiert und diese Version von drei "Native speakern" in die amerikanische Sprache zurückübersetzt. Im Rahmen einer Voruntersuchung wurde der Entwurf eines deutschen Trauerfragebogens Probanden zur Bearbeitung vorgelegt. Die Probanden wurden instruiert, den Fragebogen zu beantworten und hierbei auf Schwierigkeiten bei der Bearbeitung zu achten und anschließend mitzuteilen. Zudem erhielten die Befragten die Aufforderung, weitere Items vorzuschlagen, die ihrer Ansicht nach noch in den Erhebungsbogen aufgenommen werden sollten, sowie Anmerkungen und Kritik bezüglich der Gestaltung des Trauerfragebogens zu äußern. Es wurden nur wenige weitere Items vorgeschlagen, die nach Meinung der Teilnehmer noch mit in den Fragebogen aufgenommen werden sollten. Nach intensiver Überlegung entschied man sich gegen eine Aufnahme von weiteren Items, da es sich bei den Vorschlägen um keine wirklich neuen Traueritems handelte, sondern sich diese stets einem der bereits vorhandenen 61 Items zuordnen ließen. Schließlich wurde die endgültige Version des Trauerfragebogens aufgestellt.
Gütekriterien
Objektivität
Aufgrund der Fragebogenform, der standardisierten Vorgehensweise und der schriftlichen Instruktion kann das Verfahren Objektivität hinsichtlich seiner Durchführung und Auswertung in Anspruch nehmen.
Reliabilität
Gesamtskala: Der Itemmittelwert der Skala liegt im Durchschnitt bei 2.88 mit einer Spannweite von 1.26 bis 4.63 (SD von .62 bis 1.57). Die korrigierten Itemtrennschärfen bewegen sich zwischen .25 und .79. In die Reliabilitätsanalyse wurden alle 314 Fälle aufgenommen. Die interne Konsistenz, berechnet nach Cronbachs Alpha, ist mit .96 als sehr gut zu bezeichnen. Faktor 1 (27 Items): Die Itemmittelwerte der Subskala 1 bewegen sich zwischen 2.32 und 4.63 (SD von .70 bis 1.29). In die Reliabilitätsanalyse gingen 314 Fälle ein. Die korrigierten Itemtrennschärfen liegen zwischen .45 und .85. Die interne Konsistenz ist mit Alpha = .96 anzugeben. Faktor 2 (7 Items): Im Durchschnitt liegen die Itemmittelwerte der Subskala 2 bei 2.11 mit einer Spannweite von 1.70 bis 2.55 (SD von 1.10 bis 1.57), die korrigierten Itemtrennschärfen liegen zwischen .58 und .86. Die interne Konsistenz liegt bei Alpha = .92. Faktor 3 (10 Items): Mit einer Spannweite von 1.26 bis 3.26 liegen die Itemmittelwerte im Durchschnitt bei 2.03 (SD von .62 bis 1.25). Die korrigierten Trennschärfen der Items bewegen sich zwischen .41 und .80. Die interne Konsistenz beträgt Alpha = .89. Faktor 4 (10 Items): Die Itemmittelwerte dieses Faktors liegen zwischen 2.59 und 3.65 (SD von .89 bis 1.36), die korrigierten Itemtrennschärfen zwischen .68 und .82. Die Reliabilitätsanalyse ergab eine interne Konsistenz (berechnet nach Cronbachs Alpha) von .93. Faktor 5 (5 Items): Der Itemmittelwert liegt im Durchschnitt bei 2.61 bei einer Spannweite von 1.95 bis 3.36 (SD von .73 bis .90). Die korrigierten Itemtrennschärfen bewegen sich zwischen .43 und .71. Die Reliabilitätsanalyse ergab ein Alpha von .81.
Validität
Die faktorielle Struktur der HGRC konnte weitgehend repliziert werden. Den Befunden nach zu urteilen, hat sich das von Hogan betonte multidimensionale Konstrukt des Trauerprozesses bestätigt. Im Unterschied zu der Sechsfaktorenlösung bei der HGRC ergab die Faktorenanalyse des deutschen Trauerfragebogens eine Fünffaktorenlösung. Es zeigen sich aber dennoch starke Parallelen hinsichtlich der Dimensionalität der beiden Trauerinstrumente. Die vorhandenen Ergebnisse zur kriterienbezogenen Validität können als sehr zufrieden stellend eingeschätzt werden.
Normierung
Die Normierung erfolgte an einer Gruppe von 314 Personen der Normalbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland im Alter von 18 bis 55 Jahren. Es liegen Stichprobenkennwerte vor (nach Geschlecht getrennte Mittelwerte und Standardabweichungen für die Gesamtskala als auch die fünf Subskalen). Faktorenanalysen verweisen auf fünf Faktoren.
Anwendungsmöglichkeiten
Bei dem beschriebenen Testverfahren handelt es sich um ein Forschungsinstrument. Der Trauerfragebogen dient der Erfassung des so genannten normalen Trauerprozesses. Damit liegt der Anwendungsbereich folglich in der "nicht-klinischen" Bevölkerungsgruppe. Der individuelle Probandentestwert kann aber als Anhaltspunkt für eine Indikation einer therapeutischen Maßnahme gesehen werden.
Bewertung
Die Ergebnisanalysen unterstreichen die multidimensionale Natur des Konstrukts Trauer und zugleich die Individualität einer Trauerreaktion. Für die Gesellschaft sollte dieser Befund insofern von Bedeutung sein, dass sie nicht alle trauernden Personen einem bestimmten Stereotypen zuordnen sollten, nach dessen Vorgaben diese sich zu verhalten haben. Es ist eine dimensionale Struktur vorhanden, die bei Berücksichtigung der Individualität einer trauernden Person und der weiteren Todes- und Lebensumstände einen guten und hilfreichen Ansatz darstellt, um Trauernden aus ihrem Schmerz zu verhelfen. Dass der Trauerprozess nicht nur negativ behaftet ist, sondern für den Hinterbliebenen auch mit einem persönlichen Wachstum an innerer Stärke verbunden sein kann, wurde ebenfalls durch die Befunde der vorliegenden Untersuchung aufgezeigt.
Erstmals publiziert in:
Weiser, P. & Ochsmann, R. (2002). Trauerfragebogen. Mainz: Johannes Gutenberg-Universität, Psychologisches Institut, Abteilung Sozialpsychologie/Thanatologie.
Literatur
Byrne, G. & Raphael, B. (1997). The psychological symptoms of conjugal bereavement in elderly men over the first 13 months. International Journal of Geriatric Psychiatry, 12, 241-251.
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Faschingbauer, T.R., DeVaul, R.A. & Zisook, S. (1977). Development of the Texas Inventory of Grief. American Journal of Psychiatry, 134 (6), 696-698.
Freud, S. (1917/1946). Trauer und Melancholie. In A. Freud, E. Bibring, W. Hofer, E. Kris & O. Isakower (Hrsg.), Sigmund Freud. Gesammelte Werke Band 10. London: Imago.
Hogan, N.S. (1987). Hogan Grief Reaction Checklist. Unpublished manuscript.
Hogan, N.S. & Greenfield, D.B. (1991). Hogan Sibling Inventory of Bereavement. Unpublished manuscript.
Hogan, N.S., Greenfield, D.B. & Schmidt, L.A. (2001). Development and validation of the Hogan Grief Reaction Checklist. Death Studies, 25, 1-32.
Horowitz, M.J., Siegel, B. & Holen, A. (1997). Diagnostic criteria for complicated grief disorder. American Journal of Psychiatry, 154 (7), 904-910.
Neimeyer, R. & Hogan, N.S. (2001). Qualitative or quantitative? Measurement issues in the study of grief. In M. Stroebe, R. Hansson, W. Stroebe & H. Schut (Eds.), Handbook of bereavement research. Consequences, coping, care, and intervention (pp. 89-118). Washington, DC: American Psychological Association.
Sanders, C.M., Mauger, P.A. & Strong, P.N. (1985). A Manual for the Grief Experience Inventory. Blowing Rock, NC: Center for the Study of Separation and Loss.
Theut, S., Jordan, L., Ross, L. & Deutsch, S. (1991). Caregiver's anticipatory grief in dementia: A pilot study. International Journal of Aging and Human Development, 33 (2), 113-118.
Toedter, L., Lasker, J. & Alhadeff, J. (1988). The Perinatal Grief Scale. American Journal of Orthopsychiatry, 58, 435-449.
Weiser, P. (2003). Trauerreaktionen. Eine empirische Studie zur Untersuchung von Trauerreaktionen in der Bundesrepublik Deutschland unter Verwendung einer deutschen Version der Hogan Grief Reaction Checklist (Beiträge zur Thanatologie Heft 26, 2003). Mainz: Johannes Gutenberg-Universität, Interdisziplinärer Arbeitskreis Thanatologie.
Worden, J.W. (1991). Grief counseling and grief therapy. A handbook for the mental health practitioner. New York: Springer.
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Prof. Dr. Randolph Ochsmann, Emeritus, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Psychologisches Institut, Abt. Sozialpsychologie/Thanatologie, Staudinger Weg 9, D-55099 Mainz
Dr. Dipl.-Psych. Prisca Weiser, Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, Langenbeckstraße 1, Gebäude 207, D-55131 Mainz