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KV-M
Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern
Kurzabstract
Bei der KV-M handelt es sich um eine Übersetzung der englischen Molest Scale (Bumby, 1996). Damit sollen kognitive Verzerrungen im Sinne von Überzeugungen und Einstellungen aufgedeckt werden, die von pädophilen Straftätern genutzt werden, um ihr delinquentes Verhalten zu leugnen, zu bagatellisieren und zu rationalisieren. Die Skala besteht aus 38 Feststellungen. Reliabilität: Cronbachs Alpha lag bei .96 (Missbraucher), .92 (Vergewaltiger) und .92 (Gewalttäter). In einer weiteren Studie lag sie bei Alpha = .95 (pädophile Missbraucher) und Alpha = .93 (übrige Missbrauchstäter). Validität: Missbrauchstäter haben nicht nur die höchsten Werte in der Molest Scale, sondern diese korrelieren auch mit den Skalen des Minnesota Multiphasic Sex Inventory, der Abel and Becker Cognition Scale und der Child Molest Lie Scale. Auch korrelierten die Werte nicht mit sozial erwünschtem Antwortverhalten und es konnte eine Reduktion der Werte bei Tätern festgestellt werden, die an einem Behandlungsprogramm für Sexualdelinquenten teilnahmen. Mit dem Kriterium der Verurteilung erreichten die Missbraucher höhere Werte als die Vergewaltiger oder die Gewalttäter. Mit einem Screening für pädophile Neigungen erzielten pädophile Probanden einen signifikant höheren Durchschnittswert als die übrigen Missbraucher. Das Verfahren wurde an mehreren Stichproben normiert.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: KV-M. Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9006094
Zitierung
Feelgood, S., Schaefer, G. A. & Hoyer, J. (2009). KV-M. Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern [Verfahrensdokumentation und Fragebogen]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.4745
Kurzinformationen
Kurzname KV-M
Engl. Name Bumby Child Molest Scale - German version
Autoren Feelgood, S., Schaefer, G.A., Hoyer, J.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2009
Copyright/Lizenz Copyright Autoren; CC-BY-NC-ND 3.0
Schlagworte Männer, Straftäter, Täter, Kriminologie, Sexualdelikte, Sexuelle Belästigung, Prognose, Pädophilie, Vergewaltigung
Sprachversionen deu
Altersbereich Erwachsene (männliche Straftäter)
Itemzahl 38 Items
Subskalen Keine; Kognitive Verzerrungen.
Durchführungszeit ca. 5 Min.
Auswertungsdauer ca. 5 Min.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha = .92-.96.
Befunde zur konvergenten, krieteriumsbezogenen Validität; Mittelwertunterschiede zwischen pädophile Probanden vs. übrigen Missbraucher (mit einem Screening für pädophile Neigungen).
Keine Angaben.
Anwendungsbereich Forschung
Diagnostische Zielsetzung
Das Ziel der Skala ist die Erfassung von kognitiven Verzerrungen in Bezug auf sexuelle Kontakte mit Kindern. In der Forschung kann die Skala im Rahmen von kriminologischen und klinisch-psychologischen Studien verwendet werden. Die Analyse dieser kognitiven Verzerrungen birgt Chancen für die Therapie und Rückfallprävention bei sexuell motivierten Straftaten, da angenommen wird, dass die kognitiven Verzerrungen nicht nur ein Effekt der Tat, sondern als ein Auslöser auch mitverantwortlich sind. Es existieren allerdings nur wenige Studien, die tatsächlich Einstellungsänderungen in Bezug auf Vergewaltigung und Kindesmissbrauch bei Tätern aufzeigen, da die meisten Studien sich auf Studenten als untersuchte Gruppe beziehen. Pithers veröffentlichte 1994 eine Studie über die Einstellungsänderungen in Bezug auf sexuelle Übergriffe durch eine Gruppentherapie mit gefangenen Vergewaltigern und Pädophilen. Dabei erzielte er, gemessen mit der "Cognition Scale" und der "Burt Rape Myth Scale", eine signifikante Reduktion der diesbezüglichen kognitiven Verzerrungen. Damit ist der Einsatz der KV-M-Skala sowohl von theoretischem als auch von anwendungsbezogenem Interesse.
Aufbau
Die Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern besteht aus 38 Feststellungen, die eine kognitive Verzerrung in Bezug auf den sexuellen Kontakt von Erwachsenen mit Kindern beinhalten. Jedes Item kann auf einer vierstufigen Skala hinsichtlich der persönlichen Akzeptanz dieser Aussage durch Ankreuzen bewertet werden. Dabei wird zwischen den Antwortmöglichkeiten (1) "lehne ich absolut ab", (2) "lehne ich ab", (3) "stimme ich zu" und (4) "stimme ich absolut zu" unterschieden. Indem den vier Antwortmöglichkeiten Zahlenwerte von 1 bis 4 zugeordnet werden, können die Einzelitems zu einem Gesamtwert aufsummiert werden, der zwischen 38 und 152 liegen kann. Ein hoher Summenwert spricht dabei für ein hohes Ausmaß an kognitiven Verzerrungen.
Grundlagen und Konstruktion
Bei der Skala handelt es sich um eine Übersetzung der englischen Bumby Child Molest Scale (Molest Scale; Bumby, 1996). Mit diesem Fragebogen sollten kognitive Verzerrungen im Sinne von Überzeugungen und Einstellungen aufgedeckt werden, die von Straftätern genutzt werden, um ihr delinquentes Verhalten zu leugnen, zu bagatellisieren und zu rationalisieren. Diese fehl- oder schlecht angepassten impliziten Theorien spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von sexuell deviantem Verhalten (Keenan & Ward 2000; Ward 2000). 1989 wurden kognitive Verzerrungen erstmalig mit der Abel and Becker Cognition Scale erfasst (Abel et al., 1989), einem Fragebogen mit 27 Items, der allerdings sozial erwünschtes Antwortverhalten nicht kontrollierte. Ein Ziel der von Bumby (1996) entwickelten Molest Scale und der ebenfalls von ihm stammenden Rape Scale (1996) lag jedoch in der weitestmöglichen Kontrolle eben jener sozial erwünschten Antworten. Bumby untersuchte N = 89 freiwillige Männer, die im Nebraska Department of Corrections inhaftiert waren. Davon hatten n = 69 sexuelle Übergriffe begangen und nahmen an einer verhaltenspsychologischen Therapie teil. Von diesen gehörten (1) n = 44 zur Gruppe derjenigen, die Kinder aus der eigenen Familie missbraucht hatten, und (2) n = 25 hatten einen sexuellen Übergriff auf eine erwachsene Frau begangen. Die übrigen (3) n = 20 Männer dienten als Kontrollgruppe und waren wegen nichtsexueller Gewalttaten inhaftiert. Alle Inhaftierten nahmen an einem Programm zur geistigen Gesundheit teil. Die deutliche Mehrheit der Untersuchten waren Kaukasier und es gab zwischen ihnen keine signifikanten Alters- oder Bildungsunterschiede. Eine vierteilige Likert-Skala wurde bewusst gewählt, um die Tendenz zur Mitte in Form einer neutralen Antwort zu vermeiden. Zum Zeitpunkt der Untersuchung umfasste die Molest Scale noch 44 Items. Sechs Items wurden ausgeschlossen, da sie mit weniger als r = .40 mit der Gesamtskala korrelierten. Eine Untersuchung der internen Konsistenz ergab ein Alpha = .97 und die Retestreliabilität nach zwei Wochen betrug rtt = .84 (p < .001). Da die Skala nicht mit der Marlowe-Crowne Social Desirability Scale korrelierte, kann davon ausgegangen werden, dass die Ergebnisse nicht maßgeblich durch sozial erwünschtes Antwortverhalten beeinflusst wurden. Als durchschnittlichen Summenwert erzielten (1) die Missbraucher M = 90, (2) die Vergewaltiger M = 61 und (3) die Kontrollgruppe ohne pädophile Neigungen M = 57. Somit fand Bumby (1996) tendenziell höhere Summenwerte für alle drei Gruppen als in den deutschen Studien (Feelgood et al., 2008). Hoyer und seine Kollegen übersetzten die Bumby Child Molest Scale unabhängig voneinander, verglichen die Unterschiede und einigten sich auf eine Version, welche dann wiederum zurückübersetzt wurde, um das Ergebnis zu überprüfen. Die resultierende Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern wurde anschließend in zwei Studien in Justizvollzugsanstalten erprobt (Rambow, Elsner, Feelgood & Hoyer, 2008). (A) In der ersten Studie mit N = 71 Inhaftierten wurden (1) n = 33 Missbrauchstäter mit (2) n = 15 Vergewaltigern und (3) n = 23 Gewalttätern verglichen. Dabei lagen die Itemschwierigkeiten zwischen .37 und .69 für Missbraucher und zwischen .25 und .54 für Gewaltstraftäter. Die Trennschärfe der Skala lag für die Missbraucher zwischen rit = .30 und rit = .79. Eine Reduktion des Verfahrens auf 28 Items aufgrund geringer Trennschärfen wurde unterlassen, da dies psychometrisch zu einem Reliabilitätsabfall geführt hätte. Ein Kolmogorov-Smirnoff-Test ergab, dass die Werte normalverteilt sind. Bei den aufsummierten Gesamtwerten erzielten (1) die Missbrauchstäter mit M = 76.79 (SD = 18.97) den höchsten Werte, (2) die Vergewaltiger mit M = 53.73 (SD = 13.19) den zweithöchsten und (3) die Gewalttäter mit M = 51.35 (SD = 12.08) den niedrigsten Wert. Die Gruppenunterschiede sind hochsignifikant. (B) In der zweiten Studie mit N = 83 Inhaftierten handelte es sich um (1) n = 52 Missbrauchstäter, davon (1a) n = 18 pädophile und (1b) n = 34 nicht-pädophile Missbraucher, sowie (2) n = 31 Gewalttäter. Auch bei dieser Studie waren die Mittelwertsunterschiede zwischen den Gruppen hoch signifikant. Zudem gab es unterschiedliche Antwortmuster zwischen der Subgruppe der (1a) Missbraucher mit und der (1b) Subgruppe der Missbraucher ohne Pädophilie. So erzielten die pädophilen Missbraucher signifikant höhere Werte in den Items 2, 5, 10, 12 und 22. Bezüglich des Gesamtergebnisses unterscheiden sich die beiden Subgruppen der Missbraucher jedoch nicht signifikant. Der KV-M-Wert lag bei den (1a) Missbrauchern mit Pädophilie bei M = 75.56 (SD = 20.85) und bei den (1b) Missbrauchern ohne Pädophilie bei M = 68.97 (SD = 17.30). Die (1) Missbraucher erzielten insgesamt ein signifikant höheres Ergebnis als (2) andere Gewalttäter mit M = 43.97.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Inwieweit die Angaben der Straftäter der Wahrheit entsprechen, ist bei einem derart heiklen Thema, das sowohl die eigene strafbare Handlung als auch ein gesellschaftlich absolut verpöntes und verurteiltes Verhalten als Thema betrifft, schwer zu beurteilen. Die zugesicherte Anonymität und die negativen Korrelationen mit der Child Molest Lie Scale deuten jedoch darauf hin, dass hier nicht vorrangig im Sinne der sozialen Erwünschtheit geantwortet wurde. Da der Fragebogen in der Durchführung einfach ist und die Erläuterung schriftlich erfolgt, kann die Durchführungsobjektivität als weitgehend gegeben angesehen werden. Auch die Auswertungsobjektivität ist durch die einfache Addition gewährleistet. Bezüglich der Interpretationsobjektivität ist anzumerken, dass zum Vergleich Mittelwerte für drei Gruppen von Straftätern vorliegen, wozu (1) pädophile Missbraucher, (2) Vergewaltiger oder anderweitige Missbraucher und (3) anderweitige Gewalttäter zählen. Trotz dieser Orientierung ist es schwierig, den Summenwert und seine Bedeutung fachgerecht zu interpretieren. Reliabilität: Um die Zuverlässigkeit des Fragebogens zu bestimmen, wurde für die Fassung mit 38 Items bei beiden Studien die interne Konsistenz nach Cronbachs Alpha berechnet. In Studie 1 betrug die interne Konsistenz für die Gruppe der (1) Missbraucher Alpha = .96, für die (2) Vergewaltiger Alpha = .92 und für die (3) Gruppe der Gewalttäter Alpha = .92. In Studie 2 lag die interne Konsistenz für die Gruppe (1a) der pädophilen Missbraucher bei Alpha = .95 und für die Gruppe (1b) der übrigen Missbrauchstäter bei Alpha = .93. Die Retestreliabilität wurde in den deutschen Studien nicht untersucht. Bei der Originalskala von Bumby (1996) betrug sie nach zwei Wochen rtt = .84 und die interne Konsistenz, untersucht mit Cronbachs Alpha, lag in seiner Untersuchung bei Alpha = .97. Validität: Missbrauchstäter haben in einer englische Validierungsstudie von Arkowitz und Vess (2003) nicht nur die höchsten Werte in der Molest Scale, sondern diese korrelieren auch mit den Skalen Kognitive Unreife und Rechtfertigung des Minnesota Multiphasic Sex Inventory (MSI; Nichols & Molinder, 1984). Auch korrelierten die Werte nicht mit sozial erwünschtem Antwortverhalten und es konnte eine Reduktion der Werte bei Tätern festgestellt werden, die an einem Behandlungsprogramm für Sexualdelinquenten teilnahmen. Nach Bumby (1996) ergaben sich im Sinne der konvergenten Validität hohe positive Korrelationen zwischen der Molest Scale und der Abel and Becker Cognition Scale (Abel et al., 1989) und im Sinne der diskriminanten Validität negative Korrelationen mit der Child Molest Lie Scale (Nichols und Molinder, 1984), welche das Leugnen von deviantem Verhalten als Verteidigungsmaßnahme erfasst. Auch mit dem Kriterium der Verurteilung erreichten die Missbraucher in beiden deutschen Studien höhere Werte als die Vergewaltiger oder die Gewalttäter. In Studie 2 wurde zudem ein Screening für pädophile Neigungen (SSPI; Seto & Lalumiere, 2001) durchgeführt. Hierbei erzielten die pädophilen Probanden mit M = 3.83 (SD = 1.10) einen signifikant höheren Durchschnittswert als die übrigen Missbraucher mit M = 1.81 (SD = 1.26). Zwar unterschieden sich die KV-M-Summenwerte zwischen den beiden Subgruppen von Missbrauchern nicht hochsignifikant, jedoch erhielten auch hier pädophile Missbraucher mit einem Summenwert über alle Items von M = 75.56 den höchsten Mittelwert. Auffällig war in Studie 2 zudem das Antwortmuster der Pädophilen, welche signifikant höhere Werte in den Items 2, 5, 10, 12 und 22 erhielten. Normen: (A) Die erste Studie wurde mit Inhaftierten aus den Justizvollzugsanstalten in Willich und Remscheid sowie der Sozialtherapeutischen Anstalt Gelsenkirchen durchgeführt. Hierbei handelte es sich um eine Gesamtstichprobe von N = 71 Inhaftierten. Von diesen waren (1) n = 33 als Missbrauchstäter, (2) n = 15 als Vergewaltiger und (3) n = 23 als Gewalttäter (Körperverletzung) ohne Sexualdelikt verurteilt worden. Der Altersdurchschnitt lag bei den (1) Missbrauchstätern bei 45.5 Jahren (SD = 11.49), bei den (2) Vergewaltigern bei 34.5 Jahren (SD = 6.01) und bei den (3) Gewalttätern mit Körperverletzungsdelikten bei 31.3 Jahren (SD = 7.65). Bezüglich der Schulbildung ergaben sich keine signifikanten Unterschiede, jedoch sehr wohl bei der bisherigen durchschnittlichen Haftdauer. Diese betrug bei (1) Missbrauchstätern 51.70 Monate, bei (2) Vergewaltigern 78.33 Monate und bei (3) Straftätern ohne Sexualdelikt 42.52 Monate. Im Gegensatz zum Alter wirkte sich die Haftdauer negativ auf den Gesamtwert aus. (B) In der zweiten Studie wurden die Untersuchten aus den Justizvollzugsanstalten Brandenburg und Cottbus rekrutiert. Es wurden insgesamt N = 83 Inhaftierte untersucht, und zwar (1) n = 52 Missbrauchstäter, wovon wiederum (1a) n = 18 mit der Diagnose einer Pädophilie und die übrigen (1b) n = 34 nicht pädophil diagnostiziert waren, sowie (2) n = 31 Gewalttäter ohne Sexualdelikt. Die mittleren Summenwerte lagen insgesamt bei allen drei Gruppen niedriger als in der Studie von Bumby, sie können aber zur Orientierung herangezogen werden, um die Ergebnisse der deutschen KV-M-Skala zu interpretieren.
Testkonzept
Items
Im Folgenden werden Items der KV-M aufgeführt.
- Ich glaube, Sex mit Kindern führt dazu, dass sich das Kind Erwachsenen näher fühlt.
- Da einige Opfer dem Täter erzählen, dass es sich gut anfühlt, wenn er sie berührt, genießt es das Kind wahrscheinlich, und wahrscheinlich schadet es ihm auch nicht sehr.
- Viele Kinder, die sexuell missbraucht wurden, haben deswegen keine größeren Probleme.
- Ein Kind sexuell zu berühren ist manchmal ein Weg, Liebe und Zuneigung zu zeigen.
- Kinder sagen manchmal nicht „nein“ zu sexuellen Kontakten, weil sie neugierig auf Sex sind oder es genießen.
- Wenn Kinder nicht erzählen, dass sie in sexuelle Handlungen mit einem Erwachsenen verwickelt waren, liegt das wahrscheinlich daran, dass es ihnen gefallen hat oder es sie nicht weiter beschäftigt.
- Sexuelle Gedanken oder Phantasien über ein Kind zu haben, ist nicht so schlimm, weil es das Kind nicht wirklich verletzt.
- Wenn jemand keine Gewalt anwendet, um Sex mit einem Kind zu haben, wird das dem Kind nicht so sehr schaden.
- Manche Täter sind keine richtigen „Kindesmissbraucher“ - sie haben nur die Kontrolle verloren und einen Fehler gemacht.
- Ein Kind zärtlich zu streicheln, wird ihm nicht so sehr schaden, wie mit ihm Geschlechtsverkehr zu haben.
- Manche sexuellen Beziehungen mit Kindern sind sexuellen Beziehungen zwischen Erwachsenen recht ähnlich.
- Sexuelle Handlungen mit Kindern können dem einzelnen Kind durchaus dabei helfen, etwas über Sex zu lernen.
- Ich denke, dass Kindesmissbraucher oft zu längeren Haftstrafen als nötig verurteilt werden.
- Kinder, die von mehr als einer Person missbraucht wurden, tun wahrscheinlich irgendetwas, das auf Erwachsene anziehend wirkt.
- Die Gesellschaft macht aus sexuellen Handlungen mit Kindern eine viel zu große Sache.
- Manchmal leidet und verliert der Kindesmissbraucher viel mehr durch die sexuellen Übergriffe, als das Kind.
- Es ist besser, Sex mit seinem Kind zu haben, als seine Frau zu betrügen.
- In vielen Fällen von Kindesmissbrauch wird keine tatsächliche Manipulation oder keine echte Drohung angewendet.
- Einige Kinder mögen Sex mit Erwachsenen, weil sie sich so geliebt und begehrt fühlen.
- Einige Männer haben Kinder missbraucht, weil sie wirklich glaubten, dass das Kind dies genießen würde.
- Manche Kinder sind willens und begierig darauf, Sex mit Erwachsenen zu haben.
- Während des sexuellen Missbrauchs fragen manche Männer ihre Opfer, ob sie das mögen, weil sie wollen, dass sich das Kind wohl fühlt und weil sie das Kind glücklich machen wollen.
- Kinder, die sexuelle Handlungen mit einem Erwachsenen erlebt haben, werden schließlich doch darüber hinwegkommen und mit ihrem Leben klar kommen.
- Manche Kinder können sich sehr verführerisch verhalten.
- Es genügt wahrscheinlich, wenn ein Kindesmissbraucher versucht, sich von Kindern fernzuhalten, um ihn von weiteren Missbrauchshandlungen abzuhalten.
- Oftmals ist der sexuelle Missbrauch von Kindern nicht geplant - es passiert einfach.
- Viele Männer missbrauchen Kinder sexuell, weil sie unter Stress stehen. Der Missbrauch von Kindern entlastet sie.
- Um Beachtung zu bekommen, erfinden Kinder oftmals Geschichten darüber, dass sie von jemandem missbraucht wurden.
- Wenn jemand sich vornimmt, nie wieder Kinder zu missbrauchen, hält er das wahrscheinlich auch ein.
- Wenn ein Kind die Genitalien eines Erwachsenen betrachtet, interessiert es sich wahrscheinlich für Sex.
- Manche Opfer leiten sexuelle Aktivitäten selbst ein.
- Manche Leute haben Sex mit Kindern, weil ihnen von erwachsenen Frauen Sex vorenthalten wurde.
- Einige junge Kinder wirken erwachsener als andere Kinder.
- Kinder, die ins Bad kommen, wenn sich ein Erwachsener auszieht oder auf die Toilette geht, versuchen wahrscheinlich nur, die Genitalien des Erwachsenen zu sehen.
- Kinder können einem Erwachsenen mehr Akzeptanz und Liebe geben als Erwachsene.
- Manche Männer, die Kinder missbrauchen, tun das wirklich nicht gerne.
- Ich denke, das einzig Falsche am Kindesmissbrauch ist, dass es gegen das Gesetz ist.
- Wenn nicht so viele Täter selbst als Kind missbraucht worden wären, hätten diese wahrscheinlich nie ein Kind missbraucht.
Durchführung
Altersbereiche
Die Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern (KV-M; Feelgood, Schäfer & Hoyer, 2008) ist für Erwachsene geeignet. Sie wurde in den beiden dargestellten Studien ausschließlich bei männlichen Straftätern erprobt.
Durchführungszeit
Die Durchführungszeit beträgt geschätzte 5 Minuten.
Bewertung
Die Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern (Feelgood et al., 2008) untersucht mit einer guten psychometrischen Qualität verzerrte Überzeugungen in Bezug auf den sexuellen Kontakte von Erwachsenen mit Kindern. Die hohen Reliabilitätswerte und die signifikanten positiven Zusammenhänge mit konstruktnahen Maßen sowie die signifikanten negativen Zusammenhänge mit konstruktfernen Variablen deuten auf die Zuverlässigkeit und Gültigkeit des Verfahrens hin. Hierfür spricht auch, dass Missbrauchstäter in allen Vergleichen höhere Werte als Gewalttäter aufweisen. Zudem ist der Fragebogen gut in der Handhabung und hat sich in zwei Studien bewährt. Letzteres sollte allerdings nicht überbewertet werden, da die Studien durch die Inhaftierung, die zugesicherte Anonymität und das Fehlen einer Tätertherapie viele Gemeinsamkeiten aufwiesen, so dass sich die Frage der Übertragbarkeit stellt, wenn diese Gemeinsamkeiten entfallen. Zudem fordern die Autoren selbst eine Überprüfung der Retestreliabilität und der Änderungssensitivität. In weiterführenden Studien könnte dann auch eine ausführlichere theoretische Absicherung der Skala sowie eine Vereinheitlichung oder Erklärung der Terminologie aller Studien stattfinden. Verwirrend ist nämlich, dass in der ersten Studie zwischen Missbrauchern und Vergewaltigern unterschieden wird, während in der zweiten Studie unter dem Oberbegriff Missbraucher sowohl solche zusammengefasst sind, die Kinder missbraucht haben, als auch solche, die Frauen missbraucht haben, und dann als Subgruppen pädophile und nicht pädophile Missbraucher wieder unterschieden werden. Insgesamt stellt die KV-M ein in Durchführung und Auswertung einfach und schnell einsetzbares Verfahren dar. Es steht zu hoffen, dass dieser Ansatz, der sich insbesondere für die kriminologische und klinisch-psychologische Forschung eignet, weiter verfolgt wird.
Erstmals publiziert in:
Feelgood, S., Schaefer, G. A. & Hoyer, J. (2008). Deutsche Version der Bumby Child Molest Scale: Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern. Dresden: Technische Universität Dresden.
Literatur
Abel, G. G., Gore, D. K., Holland, C. L., Camps, N., Becker, J. V., & Rathner, J. (1989). The measurement of the cognitive distortions of child molesters. Sexual Abuse: A Journal of Research and Treatment, 2 (2), 135-152.
Arkowitz, S. & Vess, J. (2003). An evaluation of the Bumby Rape and Molest Scales as measures of cognitive distortions with civilly committed sexual offenders. Sex Abuse, 15 (4), 237-249.
Bumby, K. M. (1996). Assessing the cognitive distortions of child molesters and rapists: Development and validation of the MOLEST and RAPE Scales. Sexual Abuse: A Journal of Research and Treatment, 8, 37-54.
Feelgood, S., Schäfer, G. A. & Hoyer, J. (2008). Deutsche Version der Bumby Child Molest Scale: Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern. Dresden: Technische Universität Dresden. PSYNDEX Dok.-Nr. 9006094
Keenan, T. & Ward, T. (2000). A theory of mind perspective on cognitive, affective, and intimacy deficits in child sexual offenders. Sex Abuse, 12, 49-60.
Nichols, H. R. & Molinder, I. (1984). The Multiphasic Sex Inventory (MSI). Tacoma, WA: Nichols & Molinder Assessments.
Pithers, W. D. (1994). Process evaluation of a group therapy component designed to enhance sex offenders' empathy for sexual abuse survivors. Behaviour Research and Therapy, 32, 565-570.
Rambow, J., Elsner, K., Feelgood, S. & Hoyer, J. (2008). Einstellungen zu Kindesmissbrauch: Untersuchungen an Missbrauchs- und Gewalttätern mit der deutschen Version der Bumby Child Molest Scale. Zeitschrift für Sexualforschung, 21, 341-355. (DOI 10.1055/s-0028-1098723) PSYNDEX Dok.-Nr. 0214553
Seto, M. C. & Lalumiere, M. L. (2001). A brief screening scale to identify paedophilic interests among child molesters. Sex Abuse, 13, 15-25.
Ward, T. (2000). Sexual offenders' cognitive distortions as implicit theories. Aggression & Violent Behavior, 5 (5), 491-507.
Wichtige neuere Publikationen
Hoyer, J. & Hoyer, J. (2014). KV-M. Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern. In D. Richter, E. Brähler & B. Strauß (Hrsg.), Diagnostische Verfahren in der Sexualwissenschaft (S. 117-122). Göttingen: Hogrefe. PSYNDEX Dok.-Nr. 0302630
Neutze, J., Seto, M.C., Schaefer, G.A., Mundt, I.A. & Beier, K.M. (2011). Predictors of child pornography offenses and child sexual abuse in a community sample of pedophiles and hebephiles. Sexual Abuse: A Journal of Research and Treatment, 23, 212-242.
Bumby, K.M. (1996). Assessing the cognitive distortions of child molesters and rapists: Development and validation of the MOLEST and RAPE Scales. Sexual Abuse: A Journal of Research and Treatment, 8, 37-54. (Appendix A, S. 51-52: The Molest Scale with corrected item-to-total correlations).
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Rückmeldung über die Anwendung eines Verfahrens aus dem Testarchiv des Leibniz-Instituts für Psychologie (ZPID) an die Testautoren/-innen
Kontaktdaten
Prof. Dr. Jürgen Hoyer, Professur für Behaviorale Psychotherapie, Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Technische Universität Dresden, Hohe Straße 53, D-01187 Dresden
Dipl.-Psych. Gerard A. Schaefer, Praxis für Paarberatung und Sexualtherapie, Institut für Sexualpsychologie, Calvinstraße 23, D-10557 Berlin-Tiergarten