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Gülay Karadere (Dipl.-Psych.)
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Nachweise und Beschreibungen weiterer Testverfahren bei PubPsych
EV-20
Fragebogen Eigenverantwortung
Kurzabstract
Der EV-20 erfasst die allgemeine Bereitschaft und Neigung einer Person zur Übernahme von Eigenverantwortung und zum eigenverantwortlichen Handeln. Er besteht aus 20 Items, von denen jedoch nur 18 ausgewertet werden. Reliabilität: Für die 18-Item-Skala wurden in zwei Studien interne Konsistenzen von Alpha = .75 bzw. Alpha = .67 festgestellt. Validität: Die faktorielle Validität des Fragebogens konnte mittels Hauptkomponentenanalyse wiederholt belegt werden. In einem Laborexperiment konnte zudem die Konstruktvalidität aufgezeigt werden. Die Skala zur Messung von Eigenverantwortung korrelierte positiv mit der Zielbindung bei einer neuen, schwierigen Aufgabe, wenn die Person ein entsprechendes Ziel mit einem Vorgesetzten zuvor verbindlich ausgehandelt hatte. Zudem wurden moderate positive Zusammenhänge mit mehreren Persönlichkeitsdimensionen der Big Five ersichtlich: Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrung erklären zwischen 23 % und 25 % der Varianz des EV-20. Darüber hinaus fällt die Korrelation mit sozialer Verantwortung wie erwartet positiv aus. Allerdings liegt die gemeinsame Varianz nur bei 12 %, so dass es gerechtfertigt ist, Eigenverantwortung als ein eigenständiges psychologisches Konstrukt aufzufassen. Ein wichtiger Unterschied zwischen Eigenverantwortung und sozialer Verantwortung besteht darin, dass nur Letztere einen hohen Zusammenhang mit der Dimension Verträglichkeit aus den Big Five aufweist, während nur Erstere mit Offenheit für Erfahrung bedeutsam zusammenhängt.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: EV-20. Fragebogen Eigenverantwortung. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9005366
Zitierung
Bierhoff, H.-W., Wegge, J., Bipp, T., Kleinbeck, U., Attig-Grabosch, C. & Schulz, S. (2012). EV-20. Fragebogen Eigenverantwortung [Verfahrensdokumentation und Fragebogen]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.4651
Kurzinformationen
Kurzname EV-20
Engl. Name Personal Responsibility Questionnaire
Autoren Bierhoff, H.-W., Wegge, J., Bipp, T., Kleinbeck, U., Attig-Grabosch, C., Schulz, S.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2012
Copyright/Lizenz Copyright Autoren; CC-BY-SA 4.0
Schlagworte Persönlichkeitsmerkmale, Verantwortlichkeit
Sprachversionen deu
Konstrukt Eigenverantwortung (vgl. Koch & Kaschube, 2000)
Altersbereich Erwachsene
Itemzahl 18 bzw. 20 Items
Subskalen Keine; Eigenverantwortung
Durchführungszeit ca. 5 Min.
Auswertungsdauer Keine Angaben.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha = .67-.75.
Befunde zur faktoriellen und Konstruktvalidität; Korrelation mit Zielbindung, mehreren Persönlichkeitsdimensionen der Big Five, sozialer Verantwortung.
Keine.
Anwendungsbereich Personalauswahl
Diagnostische Zielsetzung
Der Fragebogen zur Messung von Eigenverantwortung dient der Erfassung der allgemeinen Bereitschaft und Neigung einer Person zur Übernahme von Eigenverantwortung und zum eigenverantwortlichen Handeln. Eigenverantwortung stellt dabei ein komplexes Bündel personaler Ressourcen dar, das sowohl kognitive als auch motivationale Facetten umfasst. Zu der kognitiven Facette zählt die Fähigkeit zur Selbstregulation, unter die motivationale Facette fallen die Generierung von bestimmten Handlungszielen und das hartnäckige Anstreben von deren Umsetzung. Bedeutende Charakteristika der Eigenverantwortung sind damit das bewusste Abwägen zwischen verschiedenen Handlungsalternativen, die Intention, gesetzte Ziele zu erreichen sowie die Konzentration auf das Wesentliche (vgl. Koch & Kaschube, 2000). Da davon auszugehen ist, dass Eigenverantwortung ein zunehmend erfolgskritisches Erfordernis des Handelns in modernen Gesellschaften ist (vgl. Elias, 1997), erscheint eine diagnostische Abschätzung der Eigenverantwortung nützlich, beispielsweise bei Entscheidungen zur Personalauswahl für das mittlere und höhere Management.
Aufbau
Der Fragebogen besteht aus 20 Items, von denen jedoch nur 18 ausgewertet werden (Item 5 und 11 bleiben unberücksichtigt). Die Antworten werden auf einer sechsstufigen Skala erhoben, wobei höhere Werte einer größeren Zustimmung entsprechen. Die verbalen Endpunkte der Skala werden mit "sehr falsch" und "sehr richtig" gekennzeichnet. Zur Verminderung von Urteilstendenzen sind vier der Items invertiert (Item 11, 14, 18 und 19). Die 18 Items werden zu einem Gesamtmittelwert zusammengefasst.
Grundlagen und Konstruktion
Ziel der Fragebogenkonstruktion war es, einen psychometrisch abgesicherten Fragebogen zu entwickeln, der die direkte Erfassung der Selbsteinschätzung der Eigenverantwortung einer Person gestattet. Die Items wurden auf Basis der Beiträge zur Tagung "Eigenverantwortung in Organisationen" (Koch, Kaschube & Fisch, 2003) formuliert. Des Weiteren wurden die Items inhaltlich an das Rubikonmodell der Handlungsphasen (Heckhausen, 1989; Gollwitzer, 1996) angelehnt. Somit fanden die verschiedenen Phasen des Handlungsprozesses (Wählen, Planen, Handeln) in den Items Berücksichtigung. Die Konstruktion des Fragebogens erfolgte in zwei Schritten. Zunächst wurde die Dimensionalität der Eigenverantwortung überprüft. Auf Basis zweier Stichproben (n = 103 und n = 120) wurde auf der Basis der Faktorenanalyse eine einfaktorielle Struktur des Fragebogens nahegelegt. Somit ist davon auszugehen, dass der Test die globale Eigenverantwortung erfasst. In einem zweiten Schritt wurde die psychometrische Qualität der Skala getestet. Diese erwies sich als angemessen; so zeigte sich unter anderem eine zufriedenstellende interne Konsistenz der Fragebogenitems (siehe unten).
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Reliabilität: Für den 20-Item-Fragebogen wurde in der Itemanalyse festgestellt, dass zwei Items unzureichende Trennschärfen aufweisen. Daher basiert die Auswertung der Eigenverantwortung auf 18 Items, für die in zwei Studien zufriedenstellende interne Konsistenzen mit Werten von Alpha = .75 bzw. Alpha = .67 festgestellt wurden (Bierhoff et al., 2005). In einer weiteren Studie (Bierhoff, Lemiech & Rohmann, 2012) ergab sich mit Alpha = .67 ein vergleichbarer Reliabilitätskoeffizient für die 18-Item-Skala. Die mäßig hohen internen Konsistenzen gehen vermutlich darauf zurück, dass einige Items bestimmte inhaltliche Bereiche ansprechen (berufsbezogene Themen und den Gesundheitsbereich), während andere Items thematisch nicht festgelegt sind.
Validität: Die faktorielle Validität des Fragebogens konnte mittels Hauptkomponentenanalyse wiederholt belegt werden. In einem Laborexperiment konnte zudem die Konstruktvalidität aufgezeigt werden. Die Skala zur Messung von Eigenverantwortung korrelierte positiv mit der Zielbindung bei einer neuen, schwierigen Aufgabe, wenn die Person ein entsprechendes Ziel mit einem Vorgesetzten zuvor verbindlich ausgehandelt hatte. Zudem wurden moderate positive Zusammenhänge mit mehreren Persönlichkeitsdimensionen der Big Five (McCrae & Costa, 1999) ersichtlich: Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrung erklären zwischen 23 % und 25 % der Varianz des EV-20. Darüber hinaus fällt die Korrelation mit sozialer Verantwortung wie erwartet positiv aus. Allerdings liegt die gemeinsame Varianz nur bei 12 %, so dass es gerechtfertigt ist, Eigenverantwortung als ein eigenständiges psychologisches Konstrukt aufzufassen. Ein wichtiger Unterschied zwischen Eigenverantwortung und sozialer Verantwortung besteht darin, dass nur Letztere einen hohen Zusammenhang mit der Dimension Verträglichkeit aus den Big Five aufweist, während nur Erstere mit Offenheit für Erfahrung bedeutsam zusammenhängt.
Normen: Normwerte liegen nicht vor.
Testkonzept
Items
- Ich verlasse mich ungern auf andere, wenn ich auch selbst nach entsprechender Vorbereitung eine Entscheidung sinnvoll treffen kann.
- Wenn ich bei einer Teamarbeit auf eine viel versprechende Fragestellung stoße, versuche ich zunächst einmal, mich selbst kundig zu machen, bevor ich die anderen anspreche.
- Wenn es im Team zu Konflikten kommt, bemühe ich mich besonders darum, konstruktive Lösungen zu finden.
- Obwohl die Befolgung der Gesetze sehr wichtig ist, gibt es doch Situationen, in denen man sich über die Vorschriften hinwegsetzen muss, um etwas Gutes zu erreichen.
- Wenn man ein wichtiges Ziel verfolgt und bei anderen auf Widerstände stößt, ist es gerechtfertigt, auch Argumente zu benutzen, deren Gültigkeit man nicht beweisen kann.
- Wenn Entscheidungen erforderlich sind, mache ich das, was ich für richtig halte, ohne mich bei Experten oder Vorgesetzten abzusichern.
- In Konflikten suche ich nach solchen Lösungen, die allen etwas bringen.
- Dem Zitat: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ kann ich viel abgewinnen.
- Bei einer Problembesprechung an meinem Arbeitsplatz versuche ich stets, aktiv zur Lösungsfindung beizutragen.
- Man kann selber sehr viel dazu beitragen, um im Leben die eigenen Ziele zu erreichen.
- Wenn das Tragen des Sicherheitsgurtes freiwillig wäre, würde ich mich nicht regelmäßig anschnallen.
- Bekomme ich ein Medikament verschrieben, lese ich gründlich den Beipackzettel, um mich über Risiken und Nebenwirkungen zu informieren.
- Selbst in scheinbar ausweglosen Situationen kann man oft selber noch etwas zur Verbesserung beitragen, wenn man die Lage sorgfältig analysieren würde.
- Manchmal ist es am besten, den „Kopf in den Sand zu stecken“ und einfach abzuwarten, was passieren wird.
- Ich versuche stets, eine Entscheidung durch intensives Nachdenken über Vor- und Nachteile vorzubereiten.
- Ich glaube, dass jeder dazu beitragen kann, dass sein Alltag besser wird.
- Bevor ich mich für eine Alternative entscheide, denke ich länger nach als die meisten Menschen es tun.
- Wenn ich eine Aufgabe übernommen habe und auf Schwierigkeiten stoße, gebe ich schnell auf.
- Ich habe es gern, wenn wichtige Entscheidungen nicht von mir sondern von meinem Vorgesetzten getroffen werden.
- Während ich an einer Aufgabe arbeite, halte ich öfter einmal inne und denke darüber nach, wie ich möglichst effektiv zum Ziel kommen kann.
Durchführung
Altersbereiche
Der Fragebogen zur Messung von Eigenverantwortung (EV-20; Bierhoff et al., 2005) kann von Erwachsenen bearbeitet werden.
Durchführungszeit
Die Bearbeitungsdauer beträgt etwa 5 Minuten.
Bewertung
Mit dem Fragebogen zur Messung von Eigenverantwortung liegt ein Instrument vor, welches die Erfassung der allgemeinen Bereitschaft zur Übernahme von Eigenverantwortung und zum eigenverantwortlichen Handeln ermöglicht. Berechnungen zur psychometrischen Qualität belegen die Eignung dieses Fragebogens zur Messung von Eigenverantwortung. Angesichts der nur 20 Items handelt es sich um ein ökonomisches Messinstrument, das schnell bearbeitet werden kann. Folgt man der kulturell-historischen Entwicklung in den Industrienationen, ist davon auszugehen, dass die Bedeutung der Eigenverantwortung in Zukunft noch weiter zunehmen wird. Daher wird das Thema der Eigenverantwortung in der Personalpsychologie voraussichtlich an Relevanz gewinnen.
Erstmals publiziert in:
Bierhoff, H.-W., Wegge, J., Bipp, T., Kleinbeck, U., Attig-Grabosch, C. & Schulz, S. (2005). Entwicklung eines Fragebogens zur Messung von Eigenverantwortung oder "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es". Zeitschrift für Personalforschung, 4 (1), 4-18. PSYNDEX Dok.-Nr. 0176415
Literatur
Bierhoff, H.W., Lemiech, K. & Rohmann, E. (2012). Eigenverantwortung, Selbstwirksamkeit und Freiwilliges Arbeitsengagement. Wirtschaftspsychologie, 14 (1), 83-90. PSYNDEX Dok.-Nr. 0252756
Bierhoff, H.W., Wegge, J., Bipp, T., Kleinbeck, U., Attig-Grabosch, C. & Schulz, S. (2005). Entwicklung eines Fragebogens zur Messung von Eigenverantwortung. Zeitschrift für Personalpsychologie, 4 (1), 4-18.
Elias, N. (1997). Über die Zeit. Frankfurt: Suhrkamp.
Gollwitzer, P.M. (1996). Das Rubikonmodell der Handlungsphasen. In J. Kuhl & H. Heckhausen (Hrsg.), Motivation, Volition und Handlung (S. 531-582). Göttingen: Hogrefe. PSYNDEX Dok.-Nr. 0104026
Heckhausen, H. (1989). Motivation und Handeln (2. Auflage). Berlin: Springer.
Koch, S. & Kaschube, J. (2000). Eigenverantwortliches Handeln in Organisationen. Konzeptualisierung des Phänomens und Exploration am Beispiel von Führungskräften. Zeitschrift für Personalforschung, 14, 5-27. PSYNDEX Dok.-Nr. 0136628
Koch, S., Kaschube, J. & Fisch, R. (2003). Eigenverantwortung für Organisationen - Einführung und Überblick. In S. Koch, J. Kaschube & R. Fisch (Hrsg.), Eigenverantwortung in Organisationen (S. 3-16). Göttingen: Hogrefe.
McCrae, R. & Costa, P.T. (1999). A five-factor theory of personality. In L.A. Pervin & O.P. John (Eds.), Handbook of personality. Theory and research (2nd ed., pp. 139-153). New York, NY: Guilford Press.
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Kontaktdaten
Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff, Emeritus, Fakultät für Psychologie, Sozialpsychologie, Ruhr-Universität Bochum, Universitätsstraße 150, D-44801 Bochum
Prof. Dr. Jürgen Wegge, Arbeits- und Organisationspsychologie, Fakultät Psychologie, Technische Universität, D-01062 Dresden
Prof. Dr. Tanja Bipp, Universität Heidelberg, Psychologisches Institut, Arbeits- und Organisationspsychologie, Hauptstraße 47-51, D-69117 Heidelberg
Prof. em. Dr. Uwe Kleinbeck, Emeritus, TU Dortmund, Institut für Psychologie, Lehrstuhl für angewandte Organisationspsychologie, Ardeystraße 67, D-44139 Dortmund
Claudia Attig-Grabosch, Psychologin, Anästhesiologie, Intensiv, Notfall, Schmerz- und Palliativmedizin, Christliches Klinikum Unna, Obere Husemannstraße 2, D-59423 Unna