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Gülay Karadere (Dipl.-Psych.)
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Nachweise und Beschreibungen weiterer Testverfahren bei PubPsych
URS-CED
Fragebogen zu Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
Kurzabstract
Der URS-CED dient der Erfassung der Annahmen für Krankheitsgründe bei Erwachsenen, die unter Morbus Crohn oder an Colitis ulcerosa leiden. Er besteht aus 16 Items, die auf den Ursachenskalen (1) Dysfunktionale Stressregulation, (2) Interaktionalität, (3) Lebensstil, (4) Physiologie und (5) Fatalismus verteilt sind. Reliabilität: Die internen Konsistenzen liegen bei Cronbachs Alpha = .54-.82. Die Split-half-Reliabilität (Spearman-Brown) lag bei rtt = .64-.84 (ohne Wert für Fatalismus). Die Retestreliabilität nach 33 Monaten lag bei rtt = .21-.55. Validität: Die Inhaltsvalidität kann als gegeben angesehen werden. Bezüglich der Konstruktvalidität wurden Vergleiche mit konvergenten Validierungsmaßen (Subjektiven Krankheitstheorien, Kontrollüberzeugungen zu Gesundheit und Krankheit) unternommen. Es ergab sich eine mittlere Korrelation von r = .39. Zusätzlich wurden als divergente Maße Verfahren zur Krankheitsverarbeitung (FKV) und der SIBDQ-Gesamtscore zur Lebensqualität bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen genutzt. Hierbei zeigte sich eine mittlere Korrelation von r = .20. Die Erfassung des Binnenkonstrukts kann somit als gegeben angesehen werden, während die des Gesamtkonstrukts unsicher ist. Bzgl. der Erkrankungsdauer zeigten sich signifikante Unterschiede in der Fatalismus-Skala (6 vs. 15 Erkrankungsjahre).
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: URS-CED. Fragebogen zu Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9005009
Zitierung
Drandarevski, A., Fliege, H., Rose, M. & Klapp, B. F. (2009). URS-CED. Fragebogen zu Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen [Verfahrensdokumentation, Fragebogen und Skalenberechnung]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.6596
Kurzinformationen
Kurzname URS-CED
Engl. Name Questionnaire on Causal Attributions in Patients with Chronic Inflammatory Bowel Diseases
Autoren Drandarevski, A., Fliege, H., Rose, M., Klapp, B.F.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2009
Copyright/Lizenz Copyright Autoren; CC-BY-NC-ND 3.0
Schlagworte Psychologie im Gesundheitswesen, Gesundheitseinstellungen, Irritables Kolon, Dickdarmerkrankungen, Kolitis ulcerosa
Sprachversionen deu
Konstrukt Ursachenannahmen
Altersbereich erwachsene Patienten (18-75 Jahre)
Itemzahl 16 Items
Subskalen (1) Dysfunktionale Stressregulation, (2) Interaktionalität, (3) Lebensstil, (4) Physiologie, (5) Fatalismus
Durchführungszeit ca. 5 Min.
Auswertungsdauer Keine Angaben.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha = .54-.82. Split-half-Reliabilität: rtt = .64-.84 (ohne Wert für Fatalismus; Spearman-Brown). Retestreliabilität (Intervall: 33 Monate) rtt = .21-.55.
Angaben zur inhaltlichen, konvergenten und divergenten Validität; Zusammenhänge mit der Krankheitsdauer.
Keine; Referenzdaten: Mittelwerte und Standardabweichungen.
Anwendungsbereich Diagnsotik, Therapie, Forschung
Diagnostische Zielsetzung
Das Ziel des URS-CED besteht in der Erfassung verschiedener Dimensionen von Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Theoretisch fundiert sollen mit dem Erhebungsinstrument interne und externe Ursachenfaktoren unterschieden werden, wobei neben empirischen Befunden und publizierten Verfahren auch die Ergebnisse von Patientenbefragungen bei der Konstruktion des Verfahrens berücksichtigt wurden. Die subjektiven Krankheitstheorien beinhalten Annahmen zur Verursachung der Erkrankung, zur Sinnkonstruktion im Umfeld von Erkrankungen, zum Krankheitsverlauf und zu Genesungsmöglichkeiten. Weiterhin fließen die Wahrnehmung von Risikofaktoren, der Glauben an die eigene Unverwundbarkeit oder Verwundbarkeit sowie krankheitsbezogene Vorstellungsbilder und Assoziationen mit in die subjektiven Krankheitsvorstellungen ein. Diese Einstellungen sind besonders bei unerwartet eintretenden Krankheiten wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa von großer Relevanz, da hier eine Anpassungsleistung des Patienten erforderlich ist. Für die genannten Krankheitsbilder kommt hinzu, dass zwar Ursachenannahmen, aber noch kein stetiges und allgemein akzeptiertes Ätiologiemodell existiert. Mit dem URS-CED als standardisiertem Instrument, in das die Ergebnisse vorliegender Studien und Interviews eingeflossen sind, soll daher der Patient selbst die Möglichkeit erhalten, sich hierzu in einer gruppenstatistischen und zudem objektiveren und besser vergleichbaren Form als im unstrukturierten Interview zu äußern. Neben dem klinischen und therapeutischen Nutzen, den die Ergebnisse für die Beziehung des Kranken zu Ärzten, Therapeuten, Einschränkungen und Therapieformen haben können, ist das Instrument besonders für die Forschung von Bedeutung. Indem zum Beispiel Unterschiede im Ursachenempfinden verschiedener Patientengruppen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen untersucht werden können, können Zusammenhänge zwischen bestimmten Variablen und den Erkrankungen aufgedeckt werden. Diese Zusammenhänge und Hintergründe können wiederum in der Therapie und der Entwicklung entsprechender klinischer Methoden genutzt werden.
Aufbau
Der Fragebogen zu Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen besteht aus 16 Items, die mit Zahlen zwischen 1 und 20 nummeriert sind. Diese Items (sogenannte "Faktoren") sollen vom Patienten auf einer Skala von 0 bis 4 dahingehend bewertet werden, inwieweit sie die Ursache für die Entstehung der chronisch entzündlichen Darmerkrankung sind. Die Patienten sollen dabei den Satz ergänzen: "Dieser Faktor hat als Ursache zur Entstehung meiner Erkrankung in folgendem Ausmaß beigetragen ..." Dabei entspricht die 0 "gar nicht", die 1 "sehr gering", die 2 "etwas", die 3 "ziemlich" und die 4 "vollständig". 15 der 16 Items sind auf fünf übergeordnete Kategorien verteilt. Die Aufteilung der Faktoren auf die übergeordneten Kategorien, den sogenannten Skalen oder Ursachenskalen, ist wie folgt:
(A) Die Ursachenskala "Dysfunktionale Stressregulation" beinhaltet alle vier Items, die Anforderungen, Belastung, Quellen der Anspannung und den Umgang damit thematisieren. Hierzu gehören: (5) Erhöhte Arbeitsbelastung, (6) Falscher Umgang mit Stress, (8) Unfähigkeit, sich zu entspannen und (13) Neigung, Dinge schwer zu nehmen.
(B) Die Skala "Interaktionalität" umfasst die drei Items über interpersonelle Einflüsse auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene. Hierbei handelt es sich um (9) Beeinträchtigung durch andere Person, (11) Gesellschaftliches Klima und (15) Belastende Kindheit oder Jugend.
(C) Die übergeordnete Kategorie "Lebensstil" enthält die drei Items, welche mit den Ernährungs- und Lebensgewohnheiten des Patienten zu tun haben. Dazu zählen (2) Unvernünftige Lebensweise, (7) Ungesundes Ernährungsangebot und (12) Falsche Ernährungsgewohnheiten.
(D) Zur Skala "Physiologie" gehören die drei Items, die mangelnde körperliche Funktions- und Widerstandsfähigkeit darstellen. Dies sind: (1) Empfindlichkeit bestimmter Organe, (10) Gestörte körperliche Funktionen und (17) Mangel an körperlicher Widerstandskraft.
(E) Unter der Skala "Fatalismus" sind die zwei Items zu ordnen, welche von unabwendbaren schicksalhaften Auslösern ausgehen. Dabei handelt es sich um: (14) Schicksal/Fügung und (20) Höhere Mächte.
Für jede übergeordnete Kategorie werden die Skalenwerte aller darunter fallenden Faktoren aufaddiert. Die Summe wird anschließend durch die Anzahl der Faktoren dieser Kategorie geteilt. Das Ergebnis entspricht somit dem Wert der übergeordneten Kategorie. Hierdurch ist es möglich zu erkennen, ob der Patient vorrangig eine dysfunktionale Stressregulation, Interaktionen mit anderen, seinen Lebensstil, seine Physiologie oder schicksalhafte und unabwendbare höhere Mächte für seine Darmerkrankung verantwortlich macht. Item 18, nämlich die "Vernachlässigung eigener Bedürfnisse", gehört zu keiner der übergeordneten Kategorien.
Grundlagen und Konstruktion
Beim Fragebogen zu Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen handelt es sich um ein gruppenstatistisches Verfahren zur Erfassung subjektiver Ursachenannahmen. Die Ursprünge des wissenschaftlichen Konzepts subjektiver Ursachenannahme gehen auf Heider zurück. Heider (1958) unterscheidet in seiner Theorie der Kausalattribution neben zeitlich stabilen und instabilen auch interne und externe Ursachenfaktoren voneinander. Zu den internen Faktoren wurden bald Charaktereigenschaften, Verhaltensmerkmale und bei der Krankheitsverursachung körperliche Faktoren gezählt (Faller, 1997; Filipp & Aymanns, 1997), wohingegen Umweltfaktoren, soziale Faktoren und schicksalhafte Einflüsse die externen Faktoren darstellten (Muthny, 1988). Bereits für mehrere unerwartet eintretende und/oder chronische Krankheitsbilder, die eventuell vom Patienten auch eine massive Anpassung erfordern, wurden die Ursachenannahmen von Patienten erforscht. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, bei denen es sich ebenfalls um ein solches Krankheitsbild handelt, besitzen zudem kein stetiges, eindeutiges und allgemein akzeptiertes Erklärungsmodell, an dem die Patienten sich orientieren könnten. Aus diesem Grund ist ein Verfahren zur Erfassung ihrer subjektiven Ursachenannahmen von besonderer Relevanz.
Halbstrukturierte Interviews, wie zum Beispiel die Befragung von n = 100 CED-Patienten von Moser, Maier-Dobersberger, Sachs, Vogelsang und Lochs (1993a, 1993b), ergaben eine Vielzahl an Faktoren, die CED-Patienten für ihre Erkrankung als ursächlich betrachteten. Während die Ergebnisse von Moser et al. (1993a, 1993b) für psychosoziale und psychische Faktoren als Ursachenannahmen sprechen, nannten die n = 307 CED-Patienten bei Theis und Boyko (1994) Stress und emotionale Faktoren an erster Stelle und die n = 119 Crohn-Patienten von Küchenhoff (1993) antworteten abhängig von ihrer Situation, also der Dauer und der Krankheitsphase, mit Erbfaktoren, Ernährungsfaktoren, biologischen Faktoren, magischen Quellen, beruflicher Belastung und Persönlichkeitsfaktoren als Begründung. Die 42 Items des Fragebogens zu Kausalattributionen und Kontrollüberzeugungen (FKAK) von Balck und Ulbrich (1999) wurden acht Skalen zugeordnet, denen die Patienten in folgender Reihenfolge ihrer Häufigkeit zustimmten: Beeinflussbarkeit der Heilung, Stabilität der Erkrankung, Internalität, Beeinflussbarkeit der Ursachen, Sinnhaftigkeit der Krankheit, fatalistische Externalität, Vorhersehbarkeit der Erkrankung und soziale Externalität. Es gab dabei keine Unterschiede zwischen den n = 43 Crohn- und den n = 37 Colitis-Patienten. Diese Ergebnisse sprachen zum einen für die Berechtigung, die Morbus Crohn- und Colitis ulcerosa-Patienten zu der Gruppe der Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zusammenzufassen, zum anderen für große Unterschiede in dem, was diese als Ursachen ihrer Krankheit benennen.
Ausgehend von den Ergebnissen und einigen geringfügig veränderten Items der genannten Untersuchungen und publizierten Verfahren (Filipp, Aymanns, Ferring, Freudenberg & Klauer, 1987; Muthny, 1988) wurde der URS-CED entwickelt. Auch aus den Interviewantworten von CED-Patienten (Moser et al., 1993a, 1993b; Theis & Boyko, 1994) wurden Items wie zum Beispiel das Item "Empfindlichkeit bestimmter Organe" und das Item "falsche Ernährungsgewohnheiten" abgeleitet. Das Ergebnis war eine Rohversion mit 20 Items, die den theoretischen Grundannahmen zufolge den drei externalen Dimensionen Soziale Umwelt, Materielle Umwelt sowie Fügung/Schicksal und den drei internalen Dimensionen: Charakter, Verhalten und Körper zugeordnet waren. Mit dieser wurde zu zwei Messzeitpunkten im Campus Virchow-Klinikum an n = 106 Patienten eine erste Stichprobenerhebung vorgenommen. Item 16 "Arbeitslosigkeit/Arbeitssuche" wurde aus Konfundierungsgründen mit tatsächlicher Arbeitslosigkeit ausgeschlossen. Eine Faktorenanalyse der Stichprobenergebnisse führte zu einer inhaltlich und formal unbefriedigenden Lösung mit sechs Faktoren. Das zu Faktor 2 zugehörige Item 19 "Charaktereigenschaften" und das zu Faktor 3 zugehörige Item 3 "Anlage/Vererbung" wurden wegen inhaltlicher Unstimmigkeit entfernt. Der sechste Faktor besaß nur ein Item und entfiel daher zusammen mit Item 4 "Erhöhte Schadstoffbelastung in der Lebensumwelt". Item 18 "Vernachlässigung eigener Bedürfnisse" lud auf keinen Faktor und wurde daher nicht in die Berechnung mit einbezogen. Die in der Berechnung verbleibenden 15 Items luden bei einer Gesamtvarianzaufklärung von 69.1% auf fünf Komponenten. Hierbei handelt es sich um: (1) Dysfunktionale Stressregulation, (2) Interaktionalität, (3) Lebensstil, (4) Physiologie und (5) Fatalismus. Während (2) Interaktionalität, (4) Physiologie und (5) Fatalismus den a priori getroffenen Ursachendimensionen entsprechen, setzen sich (1) Dysfunktionale Stressregulation und (3) Lebensstil aus verschiedenen a priori benannten Klassen zusammen. Mit n = 53 Patienten wurde zu einem zweiten Zeitpunkt erneut eine Messung mit dem gekürzten Instrument durchgeführt. Als Resultat zeigte sich, dass als Ursachenannahme die meisten Personen Items der Skala "Dysfunktionale Stressregulation" an erster und Items der Skala "Höhere Mächte" an letzter Stelle sahen.
Die Itemschwierigkeiten liegen zwischen .12 und .57. Bezüglich der Skalenkennwerte, Konsistenzmaße und Reliabilitätsmaße ergaben sich dabei die aus Tabelle 1 erkennbaren Werte.
Tabelle 1
Skalenkennwerte, Konsistenzmaße und Reliabilitätsmaße der Skalen (Fliege, Drandarevski, Klapp & Rose, 2003, S. 280)
Skalen | |||||
---|---|---|---|---|---|
I | II | III | IV | V | |
Itemanzahl | 4 | 3 | 3 | 3 | 2 |
Mittelwert | 1.97 | 1.04 | 1.47 | 1.36 | 0.78 |
Standardabweichung | 0.97 | 0.98 | 0.92 | 0.86 | 0.95 |
Mittl. Itemschwierigkeit | .47 | .26 | .35 | .36 | .20 |
Mittlere Trennschärfe | .61 | .59 | .68 | .42 | - |
Cronbachs Alpha | .80 | .76 | .82 | .64 | .54 |
Split-Half Reliabilität | .84 | .80 | .81 | .64 | - |
Retestreliabilitaet | .53** | .55** | .21 | .51** | .36* |
Anmerkungen. Skalen: I = Dysfunktionale Stressregulation, II = Interaktionalität, III = Lebensstil, IV = Physiologie, V = Fatalismus. Die signifikanten Retestreliabilitäten sind mit * gekennzeichnet, wobei ** für hochsignifikante Werte steht. Die Fatalismus-Skala unterliegt Einschränkungen, da sie nur aus zwei Items besteht.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Ziel des Verfahrens ist es, die subjektive Sicht eines Patienten in Bezug auf die Ursachen seines Krankheitsleidens zu erfragen. Insofern können natürlich allenfalls objektive Ergebnisse dieser subjektiven Sicht und keinesfalls eine objektive Ursachenbestimmung der entzündlichen Darmerkrankungen das Resultat sein. Aufgrund der Einfachheit des Verfahrens in der Durchführung, der schriftlichen Anweisung und der unkomplizierten und rechnerischen Auswertung können sowohl die Durchführungs- als auch die Auswertungsobjektivität als gegeben angesehen werden. Da lediglich Mittelwerte und Standardabweichung einer Stichprobe und keine Normwerte für eine größere Population vorliegen und die Interpretation zu weiten Teilen dem Therapeuten, Arzt oder Psychologen überlassen wird, ist die Interpretationsobjektivität dagegen schwieriger einzuschätzen. Die Berechnung der Testgütekriterien erfolgte an n = 106 poliklinischen CED- Patienten, von denen n = 53 Patienten bei einer zweiten Messung zugegen waren.
Reliabilität: Um die Messgenauigkeit zu bestimmen, wurden mit Cronbachs Alpha die internen Konsistenzen berechnet. Diese liegen für die ersten vier Skalen mit Werten zwischen Alpha = .64 und Alpha = .82 im mittleren bis höheren Bereich. Lediglich die Fatalismus-Skala besitzt einen relativ niedrigen Wert von .54. Zusätzlich wurde die Split-half-Reliabilität nach Spearman-Brown berechnet. Hierbei ergaben sich Werte zwischen .64 und .84 bei den ersten vier Skalen. Ein Wert für Fatalismus liegt nicht vor (nur 2 Items). Nach einer Testwiederholung an n = 53 Patienten nach 33 Monaten wurde zudem die Retestreliabilität bestimmt, welche bei den Skalen Dysfunktionale Stressregulation, Interaktionalität und Physiologie hochsignifikant und bei Fatalismus immerhin noch signifikant ausfiel. Lediglich bei der Lebensstil-Skala gab es keine ausreichende Korrelation zwischen den beiden Messzeitpunkten. Genaue Angaben sind in Tabelle 1 zu finden.
Validität: Die Inhaltsvalidität kann aufgrund dessen, dass die befragte Person die Aussage über ihr Denken selbst trifft, als gegeben angesehen werden. Bezüglich der Konstruktvalidität wurden Vergleiche mit ähnlichen, also konvergenten Validierungsmaße unternommen. Hierfür wurden Verfahren zu Subjektiven Krankheitstheorien (SKT; Faller, 1997) und zu Kontrollüberzeugungen zu Gesundheit und Krankheit (KKG; Lohaus & Schmitt, 1989) genutzt. Es ergab sich eine mittlere Korrelation von .39 zwischen den konvergenten Verfahren und dem URS-CED. Zusätzlich wurden als divergente Maße Verfahren zur Krankheitsverarbeitung (FKV; Muthny, 1989) und der SIBDQ-Gesamtscore zur Lebensqualität bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Rose et al., 2000) genutzt. Hierbei zeigte sich eine mittlere Korrelation von .20 und somit ein Unterschied, der jedoch nicht signifikant war. Die Erfassung des Binnenkonstrukts kann somit als gegeben angesehen werden, während die des Gesamtkonstrukts unsicher ist.
Eine Überprüfung der Zusammenhänge der Ergebnisse des URS-CED mit soziodemographischen Daten ergab keine signifikanten Unterschiede nach Geschlecht, Altersgruppen, Beruf, Familienstand, Haushalt, Beschäftigung, zeitlicher Veränderungen oder Entzündungsaktivität. Lediglich bezüglich der Erkrankungsdauer zeigten sich bei Patienten mit einer Krankheitsdauer von mehr als 15 Jahren signifikant geringere Werte für Fatalismus als Patienten mit einer Krankheitsdauer von weniger als sechs Jahren.
Normen: Die Stichprobe wurde zu zwei Messzeitpunkten an n = 106 poliklinischen CED-Patienten bei der ersten und n = 53 Patienten bei der zweiten Messung befragt. Beim ersten Messzeitpunkt handelte es sich um n = 58 Frauen und n = 48 Männer mit vergleichsweise hohem Bildungsniveau, von denen n = 57 an Morbus Crohn, n = 46 an Colitis ulcerosa und n = 3 (welche jedoch nicht in die diagnosespezifischen Analysen mit eingingen) an Colitis indeterminata litten. Bei einer durchschnittlichen Krankheitsdauer von 11 Jahren befanden sich zum Untersuchungszeitpunkt 65.1% in Remission und 31.7% in einer Phase aktueller Entzündungsaktivität. 56.6% litten zudem unter einer somatischen Kodiagnose. Für die Personen aus der Stichprobe werden Mittelwerte und Standardabweichungen angegeben (siehe Tabelle 1). Diese Mittelwerte sind nach den fünf Faktoren unterteilt: Dysfunktionale Stressregulation, Interaktionalität, Lebensstil, Physiologie und Fatalismus. Darüber hinausgehende Normen einer größeren Population liegen nicht vor.
Testkonzept
Items
Dieser Faktor hat als Ursache zur Entstehung meiner Erkrankung in folgendem Ausmaß beigetragen ...
1 Empfindlichkeit bestimmter Organe
2 Unvernünftige Lebensweise
3 Erhöhte Arbeitsbelastung
4 Falscher Umgang mit Stress
5 Ungesundes Ernährungsangebot
6 Unfähigkeit, sich zu entspannen
7 Beeinträchtigung durch andere Person
8 Gestörte körperliche Funktionen
9 Gesellschaftliches Klima
10 Falsche Ernährungsgewohnheiten
11 Neigung, Dinge schwer zu nehmen
12 Schicksal/Fügung
13 Belastende Kindheit oder Jugend
14 Mangel an körperlicher Widerstandskraft
15 Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
16 Höhere Mächte
Durchführung
Altersbereiche
Der Fragebogen zu Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen unterliegt keinen genauen Altersvorgaben. Da jedoch unter anderem nach belastenden Kindheits- und Jugenderinnerungen gefragt wird, wird implizit davon ausgegangen, dass diese Lebensphasen bereits abgeschlossen sind und es sich somit um Erwachsene handelt. Auch die Stichprobe, auf welcher die beschriebenen Ergebnisse gründen, bezieht sich auf eine Altersgruppe zwischen 18 und 75 Jahren.
Durchführungszeit
Die Durchführung des URS-CED dauert geschätzte fünf Minuten. Es ist jedoch keine Zeitbegrenzung angegeben.
Bewertung
Der Fragebogen zu Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist ein sorgsam konstruiertes Verfahren zur Erfassung der Annahmen für Krankheitsgründe bei Erwachsenen, die unter Morbus Crohn oder an Colitis ulcerosa leiden. Die Testentwicklung ist dabei gut und nachvollziehbar dokumentiert, allerdings noch nicht ganz abgeschlossen. Bereits die Autoren schließen aus ihrer Studie, dass der Einsatz des URS-CED hinsichtlich der Fatalismus-Skala begrenzt ist. Vor allem die Fatalismus-Skala müsste ergänzt werden, da ihre Messgenauigkeit und andere Kennwerte aufgrund dessen eingeschränkt sind, da sie lediglich aus zwei Items besteht. Auch würde eine Normierung anhand einer größeren Population die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse erleichtern und verbessern. Insgesamt wird jedoch ein Fragebogen für die Ursachenannahme bei Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa dringend benötigt und der URS-CED kann hierfür durchaus empfohlen werden.
Erstmals publiziert in:
Drandarevski, A., Fliege, H., Rose, M. & Klapp, B. F. (2002). Fragebogen zu Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (URS-CED). Berlin: Humboldt-Universität zu Berlin, Charité, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik. PSYNDEX Dok.-Nr. 9005009
Literatur
Balck, F. & Ulbrich, C. (1999). Kausalattributionen und Kontrollüberzeugungen im Krankheits- und Genesungsprozess chronisch Kranker (FKAK). In F. Kroeger & E.R. Petzold (Hrsg.), Selbstorganisation und Ordnungswandel in der Psychosomatik (S. 404-423). Frankfurt am Main: VAS-Verlag. PSYNDEX Dok.-Nr. 0134865
Faller, H. (1997). Subjektive Krankheitstheorien bei Patienten einer psychotherapeutischen Ambulanz. Zeitschrift für Klinische Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie, 45, 264-278. PSYNDEX Dok.-Nr. 0113689
Filipp, S.-H. & Aymanns, P. (1997). Subjektive Krankheitstheorien. In R. Schwarzer (Hrsg.), Gesundheitspsychologie (S. 3-21). Göttingen: Hogrefe.
Filipp, S.-H., Aymanns, P., Ferring, D., Freudenberg, E. & Klauer, T. (1987). Elemente subjektiver Krankheitstheorien: Ihre Bedeutung für die Krankheitsbewältigung, soziale Interaktion und Rehabilitation von Krebskranken (Forschungsbericht Nr. 15 aus dem Projekt "Psychologie der Krankheitsbewältigung"). Trier: Universität Trier. PSYNDEX Dok.-Nr. 0028396
Fliege, H., Drandarevski, A., Klapp, F.B. & Rose, M. (2003). Fragebogen zu Ursachenannahmen bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (URS-CED). Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie, 32 (4), 276-285. PSYNDEX Dok.-Nr. 0165539
Heider, F. (1958). The psychology of interpersonal relations. New York: Wiley.
Küchenhoff, J. (1993). Psychosomatik des Morbus Crohn: Zur Wechselwirkung seelischer und körperlicher Faktoren im Krankheitsverlauf. Stuttgart: Enke. PSYNDEX Dok.-Nr. 0070571
Lohaus, A. & Schmitt, G.M. (1989). Fragebogen zur Erhebung von Kontrollüberzeugungen zu Krankheit und Gesundheit (KKG). Göttingen: Hogrefe. PSYNDEX Dok.-Nr. 9001955
Moser, G., Maier-Dobersberger, T., Vogelsang, G. & Lochs, H. (1993a). Inflammatory Bowel Disease (IBD): Patient's beliefs about the etiology of their disease - A controlled study. Psychosomatic Medicine, 55, 131-132.
Moser, G., Maier-Dobersberger, T., Vogelsang, G. & Lochs, H. (1993b). Patients' beliefs about the etiology of their disease - a controlled study. Psychosomatic Medicine, 55, 31.
Muthny, F.A. (1988). Persönliche Ursachen und Gründe für die Erkrankung (PUK) und erkrankungsbezogene Kontrollattributionen (EKOA). Weinheim: Beltz.
Muthny, F.A. (1989). Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV). Weinheim: Beltz. PSYNDEX Dok.-Nr. 9002299
Rose, M., Fliege, H., Hildebrandt, M., Körber, J., Arck, P. Dignass, A. & Klapp B.F. (2000). Validierung der deutschsprachigen Version des "Short Inflammatory Bowel Disease Questionnaire" (SIBDQ). Zeitschrift für Gastroenterologie, 38 (4), 277-286.
Theis, M.K. & Boyko, E.J. (1994). Patient perceptions of causes of inflammatory bowel disease. American Journal of Gastroenterology, 89 (10), 1920.
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PD Dr. Herbert Fliege, Psychosoziale Beratungsstelle, Gesundheitsdienst, Auswärtiges Amt, Werderscher Markt 1, D-10117 Berlin
Prof. Dr. med. Matthias Rose, Klinikdirektor, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Hauptstandort mit Hochschulambulanz und Station 34, Hindenburgdamm 30, D-12200 Berlin