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ESI
Everyday Stressors Index - deutsche Fassung
Kurzabstract
Der aus dem englischsprachigen Everyday Stressors Index (ESI) von Hall (1983) ins Deutsche adaptierte ESI dient der Erfassung von Alltagsproblemen und alltäglichem Stress, v. a. junger Mütter mit niedrigem sozioökonomischem Status. Alltägliche Stressoren gelten als gute Indikatoren für Anpassungsschwierigkeiten und es wird ihnen eine höhere Vorhersage psychologischer Symptome zugeschrieben als belastenden Lebensereignissen. Als Stressoren werden finanzielle und interpersonelle Probleme, Rollenbelastungen, Arbeitsplatzprobleme und elterliche Sorgen (k = 19) abgefragt. Die Erfassung des alltäglichen Stresses der Mütter ist von besonderer Relevanz, da dieser sich auf die Bildungs- und Entwicklungschancen der Kinder auswirken kann. Reliabilität: Die interne Konsistenz des Fragebogens wurde mit Cronbachs Alpha bestimmt und lag bei Alpha = .86. Validität: Es liegen keine Angaben zur Validität des deutschen Verfahrens vor.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: ESI. Everyday Stressors Index - deutsche Fassung. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9005970
Zitierung
Jäkel, J. & Leyendecker, B. (2009). ESI. Everyday Stressors Index - deutsche Fassung [Verfahrensdokumentation und Fragebogen]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.6498
Kurzinformationen
Kurzname ESI
Engl. Name Everyday Stressors Index - German version
Autoren Jäkel, J., Leyendecker, B.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2009
Copyright/Lizenz Copyright Autoren; CC-BY-NC-ND 3.0
Schlagworte Bewältigungsverhalten, Stress, Stressverarbeitung, Kognitionen (Denkinhalte), Migration, Lebenszufriedenheit, Mütter, Bildungshintergrund
Sprachversionen deu
Konstrukt Stress
Altersbereich 20-50-jährige Mütter von Kleinkindern
Itemzahl 19 Items
Subskalen Keine; tägliche Belastung
Durchführungszeit ca. 5-10 Min.
Auswertungsdauer Keine Angaben.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha = .86.
Keine Angaben.
Keine; Vergleichsdaten.
Anwendungsbereich Forschung
Diagnostische Zielsetzung
Der Everyday Stressors Index dient der Erfassung von Alltagsproblemen und alltäglichem Stress. Er ist dabei insbesondere zur Erfassung des subjektiven alltäglichen Stresses junger Mütter mit niedrigem sozioökonomischem Status geeignet. Alltäglichen Stressoren gelten als gute Indikatoren für Anpassungsschwierigkeiten (Cohen & Park, 1992) und es wird ihnen eine höhere Vorhersage psychologischer Symptome zugeschrieben als belastenden Lebensereignissen (Kanner, Coyne, Schaefer & Lazarus, 1981). Als Stressoren werden finanzielle und interpersonelle Probleme, Rollenbelastungen, Arbeitsplatzprobleme und elterliche Sorgen im ESI abgefragt. Die Erfassung des alltäglichen Stresses der Mütter ist von besonderer Relevanz, da dieser sich auf die Bildungs- und Entwicklungschancen der Kinder auswirken kann.
Aufbau
Der Everyday Stressors Index besteht aus 19, bzw. falls Item (1) weggelassen wird, aus 18 Items in Form von Problemaussagen, die jeweils auf einer Skala von 1 bis 4 nach dem Ausmaß der täglichen Belastung durch dieses Problem bewertet werden. Die Bewertungsskala reicht von 1 für "stört mich überhaupt nicht" über 2 für "stört mich ein wenig" und 3 für "stört mich etwas mehr" bis zu 4 für "stört mich sehr". Die Einzelbewertungen werden zu einem Gesamtwert aufsummiert. Bei fehlenden Angaben wird hierfür der Mittelwert der übrigen Angaben verwendet. Ein hoher Gesamtwert entspricht einer hohen subjektiven Belastung durch Alltagsprobleme und Stress.
Grundlagen und Konstruktion
Die deutsche Fassung von Jäkel und Leyendecker (2008) basiert auf dem englischsprachigen Everyday Stressors Index (ESIA) von Hall (1983). Die 20 Items des ESIA wurden wiederum aus den 117 Items der Daily Hassles Scale (Kanner et al., 1981) mit dem besonderen Ziel zusammengestellt, einen Stress-Index für Mütter unterer Bildungsschichten zu entwickeln. Neben der englischen und deutschen liegt auch eine türkische Fassung vor, welche in der beschriebenen deutschen Stichprobe für einige der türkischstämmigen Mütter verwendet wurde. In der englischen Fassung existiert zudem eine weitere Version, bei welcher die Bewertungsskala von 0-3 anstatt von 1-4 reicht. Die englische Fassung wurde einer Stichprobe von N = 1 166 Personen (Hall, 1983; Hall, Williams & Greenberg, 1985) vorgelegt, die nach ethnischer und regionaler Zugehörigkeit unterteilt wurde. Insgesamt ergab sich ein Mittelwert von M = 35.48 bei einer Standardabweichung von SD = 10.48 und Alpha = .85. Diese Werte sind nicht direkt mit der deutschen Version vergleichbar. Anders als die englische, aus 20 Items bestehende Fassung besitzt die deutsche Version nur 19 Items. Es sind sogar lediglich 18 Items, sofern das Item (1) "Zu viele Verpflichtungen haben" aufgrund einer zu geringen Trennschärfe ebenfalls weggelassen wird. Bei den verbleibenden 18 Items bewegten sich die Trennschärfenkoeffizienten zwischen .32 und .60. Aber auch abgesehen von Item (1) gibt es bei den Items der englischen und deutschen Version erhebliche inhaltliche Unterschiede. So wurde das englische Item (7) "Problems with transportation" entfernt. Das neu hinzugefügte, aber viel speziellere deutsche Item (7) "Freunde oder Verwandte sind zu weit weg" entspricht diesem nicht. Im deutschen Item werden zum Beispiel anders als im englischen Originalitem Transportprobleme wegen Einkäufen oder anderweitigen Arbeits-, Kindergarten-, Schul-, Ausbildungs- und Freizeitaktivitäten von Familienmitgliedern nicht berücksichtigt. Das englische Item (10) "Problems with housing" wurde im Deutschen weggelassen, wodurch die nachfolgende Nummerierung der Items im Deutschen um eins versetzt verläuft. Auch das englische Item (19) "Problems holding a Job" wurde entfernt. Das englische Item (20) "Trouble finding employment" ist in stark veränderter Form im deutschen Item (18) wiederzufinden ("Problem, Arbeit und Familie zu vereinbaren"). Bei der deutschen Fassung wurde Item (19) "Eintönige/langweilige tägliche Aufgaben" hinzugefügt, welches kein Äquivalent im englischsprachigen Verfahren besitzt.
Nach Angaben der Autorinnen (Jäkel & Leyendecker, 2008, S. 17) ist die Skala als homogen zu betrachten, was das Aufsummieren zu einem Gesamt-Summenscore rechtfertigt. Hohe Werte sprechen grundsätzlich für eine höhere alltägliche Stressbelastung. Die Mittelwerte und Standardabweichungen der Stichprobe können aus Tabelle 1 ersehen werden.
Tabelle 1
Mittelwerte und Standardabweichungen des ESI bei türkisch- und deutschstämmigen Müttern mit unterschiedlich langer Schulbildung (Jäkel & Leyendecker, 2008, S. 17)
Schuljahre | < 10 Jahre | 10 + 11 Jahre | > 11 Jahre | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Kulturelle Herkunft |
TM n = 28 |
TM n = 60 |
D n = 68 |
p |
T n = 12 |
D n = 35 |
p |
ESI M | 41.79 | 41.81 | 33.96 | *** | 37.73 | 32.97 | n.s. |
ESI SW | 12.40 | 11.83 | 8.43 | 15.51 | 9.07 |
Anmerkungen. TM = Türkischstämmige Mütter, DM = Deutschstämmige Mütter, M = Mittelwert, SW = Standardabweichung, ns = nicht signifikant, *** p < = .001.
Bei den türkischstämmigen Müttern wurde zudem durch sechs Fragen (von denen drei aufgrund der Trennschärfe entfernt wurden) auf einer Skala von 1 bis 4 die Lebenszufriedenheit der Frauen bestimmt. Diese Lebenszufriedenheit bezog sich darauf, wie sehr die Frauen der Aussage widersprachen, dass sie in der Türkei eine bessere Zukunft als in Deutschland erwartete. Insgesamt zeigte sich, dass türkischstämmige Mütter mit mittlerem Bildungsstand gegenüber deutschen Müttern mit vergleichbarem Bildungshintergrund über ein erhöhtes Stressniveau berichteten. Zudem legen die Ergebnisse die Annahme nahe, dass Bildungsjahre in Deutschland als protektiver Faktor Stress zu verhindern vermögen. Dies galt sowohl für türkisch- wie auch für deutschstämmige Mütter, wobei die türkischstämmigen mit zunehmender Aufenthaltslänge in Deutschland auch eine zunehmende Anzahl von Bildungsjahren in Deutschland besaßen.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Die Untersuchung von Jäkel und Leyendecker (2008) erfolgte an insgesamt N = 205 Müttern. Hierbei handelte es sich um n = 100 türkischstämmigen und n = 105 deutschen Müttern von drei bis vier Jahre alten Kindern aus dem Ruhrgebiet. Die Frauen wurden über den Kindergarten ihrer Kinder rekrutiert. Die türkischstämmigen Mütter waren zwischen 22 und 43 Jahren alt und die deutschstämmigen Mütter zwischen 22 und 46 Jahren alt. Auch die demografischen Daten der zugehörigen Väter wurden, sofern möglich, erfasst. Hierbei handelte es sich um n = 95 türkischstämmige Männer im Alter von 24 bis 46 und n = 97 deutschstämmige Männer im Alter von 25 bis 61 Jahren. Neben dem Alter, dem Geschlecht des Kindes, der Wohnungsgröße, der Kinderzahl, der Anzahl der Personen im Haushalt, der Berufstätigkeit und den Arbeitsstunden pro Woche wurden insbesondere der Bildungsstand, die Anzahl der Schuljahre in Deutschland und die berufliche Qualifikation jedes befragten Elternteils erhoben. Bei den türkischstämmigen Familien wurden zudem Migrationsdaten wie der Generationsstatus, der Migrationshintergrund, der Aufenthaltsstatus der Mutter und ob die Mutter sich ihren Partner selbst ausgesucht hat, erfragt. Die Interviews fanden wahlweise bei den befragten Müttern zu Hause oder im entsprechenden Kindergarten statt.
Reliabilität: Die interne Konsistenz des Fragebogens wurde mit Cronbachs Alpha bestimmt und lag bei Alpha = .86.
Validität: Es liegen keine Angaben zur deutschen Validität des Verfahrens vor.
Normen: Eine deutsche Normierung und Standardisierung des Fragebogens liegt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht vor. Jäkel und Leyendecker (2008) veröffentlichten jedoch die Ergebnisse einer deutschen Stichprobe mit n = 100 türkischstämmigen und n = 105 deutschen Müttern. Neben der Herkunft wurde nach der Anzahl der Schuljahre der Mütter differenziert.
Testkonzept
Items
- Zu viele Verpflichtungen haben. (nachträglich entfernt)
- Für andere Familienmitglieder (nicht Ihre Kinder) sorgen.
- Anderen Geld schulden oder Schulden machen.
- Probleme mit dem Verhalten Ihres Kindes / Ihrer Kinder.
- Nicht ausreichend Geld für die Grundversorgung (z.B. Kleidung, Wohnung, Nahrung, Gesundheitsfürsorge) zur Verfügung haben.
- Nicht genug Zeit für die Dinge haben, die Sie machen wollen.
- Freunde oder Verwandte sind zu weit weg.
- Probleme mit Ihrer Arbeit oder damit, keine Arbeit zu haben.
- Unstimmigkeiten mit anderen wegen der Disziplin Ihrer Kinder.
- Sorgen über die Gesundheit eines Familienmitgliedes (nicht wegen Ihrer Kinder).
- Sorge darum, ob Ihr Kind / Ihre Kinder im Kindergarten oder in der Schule gut zurechtkommen.
- Probleme mit Freunden und Nachbarn.
- Sorgen über die Gesundheit Ihres Kindes / Ihrer Kinder.
- Probleme, mit Ihren Schwiegereltern auszukommen.
- Probleme damit, verheiratet bzw. alleinerziehend zu sein.
- Unsicheres Wohnumfeld.
- Schwierigkeiten mit dem Vater Ihres Kindes / Ihrer Kinder.
- Problem, Arbeit und Familie zu vereinbaren.
- Eintönige / Langweilige tägliche Aufgaben
Durchführung
Altersbereiche
Der Everyday Stressors Index (ESI) in der deutschen Fassung (Jäkel & Leyendecker, 2008) ist für Erwachsene konzipiert. Es handelt sich bei der Zielgruppe in der Regel um Frauen (Mütter kleiner Kinder) im Alter zwischen 20 und 50 Jahren. Bei der beschriebenen Untersuchung waren die türkischstämmigen Mütter zwischen 22 und 43 Jahren alt und die deutschstämmigen Mütter hatten ein Alter zwischen 22 und 46 Jahren.
Durchführungszeit
Es erfordert in etwa 5-10 Minuten Zeit, den ESI durchzuführen.
Bewertung
Die deutsche Fassung des Everyday Stressors Index von Jäkel und Leyendecker (2008) ist ein Verfahren zur Bestimmung von Alltagsstress, das besonders für Mütter kleiner Kinder geeignet ist. Es handelt sich bei der deutschen Fassung um eine abgeänderte Übersetzung der englischsprachigen Version von Hall (1983), die auf die deutsche Zielpopulation ausgerichtet ist. In der Tat gelingt es den Autoren hierdurch augenscheinlich, näher an die Lebensrealität deutscher Frauen heran zugelangen. Der Fakt, dass hierdurch eine Vergleichbarkeit mit der englischsprachigen Version erschwert wird, spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle. Aufgrund der Neuheit des deutschsprachigen Verfahrens sind die Untersuchungen zu den Gütekriterien noch unvollständig. Hier besteht noch Forschungsbedarf. Als besonders positiv ist hervorzuheben, dass eine türkischsprachige Version mit einer Stichprobe türkischstämmiger Mütter, die in Deutschland leben, vorliegt. Hierdurch können Vergleiche mit türkischsprachigen Personen in Deutschland durchgeführt werden. Insgesamt ist die deutsche Fassung des ESI zur Bestimmung des Alltagsstresses bei Müttern kleiner Kinder durchaus empfehlenswert.
Erstmals publiziert in:
Jäkel, J. & Leyendecker, B. (2008). Tägliche Stressfaktoren und Lebenszufriedenheit türkisch-stämmiger Mütter in Deutschland. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 16 (1), 12-21. PSYNDEX Dok.-Nr. 0203598
Literatur
Cohen, L. H. & Park, C. (1992). Life stress in children and adolescents: An overview of conceptual and methodological issues. In A. M. La Greca, L.J. Siegel, J. L. Wallander & C.E. Walker (Eds.), Stress and coping in child health (pp. 25-43). New York: Guilford Press.
Hall, L. (1983). Social support, everyday stressors, and maternal mental health. Unpublished doctoral dissertation, University of North Carolina at Chapel Hill.
Hall, L., Williams, C. A. & Greenberg, R.S. (1985). Supports, stressors, and depressive symptoms in low-income mothers of young children. American Journal of Public Health, 75, 518-521.
Jäkel, J. & Leyendecker, B. (2008). Tägliche Stressfaktoren und Lebenszufriedenheit türkischstämmiger Mütter in Deutschland. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie, 1, 12-21.
Kanner, A. D., Coyne, J. C., Schaefer, C. & Lazarus, R. S. (1981). Comparison of two modes of stress measurement: Daily hassles and uplifts versus major life events. Journal of Behavioral Medicine, 4, 1-39.
Orginalfassung/Anderssprachlige Fassungen
Hall, L. A. (1983). Social support, everyday stressors, and maternal health. Unpublished doctoral dissertation. University of North Carolina at Chapel Hill.
Kontaktdaten
Prof. Dr. Dipl.-Psych. Julia Jäkel, Professor of Clinical and Developmental Psychology, University of Oulu, Linnanmaa Campus, room FY 253-1, Pentti Kaiteran katu 1, 90570 Oulu, Finnland
Prof. Dr. Birgit Leyendecker, Ruhr-Universität Bochum, Familienforschung, Gebäude GAFO, Ebene 04, Raum 611, Universitätsstraße 150, D-44801 Bochum