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KSE
Kölner Skala zur Messung von Einsamkeit
Kurzabstract
Die KSE ist eine Adaptation des amerikanischen Originals und misst mit 20 Items Einsamkeit. Reliabilität: Die interne Konsistenz nach Cronbachs Alpha und die Split-half-Reliabilität lagen bei .88, die Stabilität nach einem 3-Monatsintervall bei rtt = .72. Validität: Die KSE wurde mit dem FPI-K und einer Schüchternheitsskala sowie mit mehreren Konstrukten wie Lebenssituation, körperliche Attraktivität und Kausalattribution korreliert.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2025). Open Test Archive: KSE. Kölner Skala zur Messung von Einsamkeit. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9003017
Zitierung
Stephan, E., Fäth, M. & Lamm, H. (2025). KSE. Kölner Skala zur Messung von Einsamkeit [Verfahrensdokumentation, Fragebogen]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.21079
Kurzinformationen
Kurzname KSE
Engl. Name The Revised UCLA Loneliness Scale (Russell, D., Peplau, L. A. & Cutrona, C., 1980) - Cologne version
Autoren Stephan, E., Fäth, M. & Lamm, H.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2025
Copyright/Lizenz Copyright AutorInnen; CC-BY-SA 4.0
Sprachversionen deu
Konstrukt Einsamkeit
Altersbereich ab 14 Jahre
Itemzahl 20 Items
Subskalen Keine.
Durchführungszeit 2-6 Minuten
Auswertungsdauer 2 Minuten pro Fall
Interne Konsistenz nach Cronbachs Alpha und Split-half-Reliabilität bei .88; Stabilität nach einem 3-Monatsintervall bei rtt = .72.
Korrelation mit anderen Verfahren und Konstrukten.
Keine (aber in Planung). Referenzwerte: Mittelwerte und Standardabweichungen.
Anwendungsbereich Forschung, Diagnostik
Diagnostische Zielsetzung
Die KSE dient der quantitativen Erfassung von Einsamkeit bei Erwachsenen.
Aufbau
Die Skala besteht aus insgesamt 20 Items, die zur Hälfte negativ formuliert sind.
Grundlagen und Konstruktion
Die Skala ist eine Adaptation des amerikanischen Originals und wurde im deutschen Sprachraum psychometrisch überprüft , sowohl an studentischen Stichproben als auch an einer klinischen Substichprobe.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Reliabilität: Die interne Konsistenz nach Cronbachs Alpha und die Split-half-Reliabilität lagen bei .88, die Stabilität nach einem 3-Monatsintervall bei rtt = .72.
Validität: Die KSE wurde mit dem FPI-K und einer Schüchternheitsskala sowie mit mehreren Konstrukten wie Lebenssituation, körperliche Attraktivität und Kausalattribution korreliert.
Normen: Das Verfahren ist nicht normiert. Es liegen Mittelwerte und Standardabweichungen vor, die Mitte der 1980er Jahre an studentischen und klinischen Stichproben erhoben wurden.
Testkonzept
Theoretischer Hintergrund
Die KSE beruht auf der an der University of California at Los Angeles (UCLA) entwickelten amerikanischen Einsamkeitsskala, der revidierten UCLA Loneliness Scale (Russell, Peplau & Cutrona, 1980). Die UCLA-Loneliness Scale (UCLA-LS) gilt als das international verbreitetste Instrument zur Messung von Einsamkeit. Mit der KSE liegt eine deutsche Fassung der UCLA-LS vor (zu weiteren Versionen der UCLA-LS siehe Abschnitt „Testformen“). Die Skala kann bei Erwachsenen zur quantitativen Erfassung von Einsamkeit eingesetzt werden.
Die theoretische Grundlage für die KSE bildet ein kognitiv-affektives Differenzmodell der Einsamkeit (vgl. Peplau & Perlman, 1982; Stephan & Fäth, 1989). Einsamkeit wird in diesem Modell definiert als die als unangenehm empfundene Wahrnehmung eines Defizits zwischen der gewünschten und der tatsächlichen Ausgestaltung der sozialen Beziehungen eines Menschen. Ursachen und Folgen von Einsamkeit werden mit der KSE nicht erfasst (zur Kausalität von Einsamkeit siehe Bücker, 2022; Holt-Lunstad et al. 2015; Prosetzky, 2022; Stephan, 1987).
Testaufbau
Die KSE besteht aus je 10 positiv (Beispiel: „Es gibt Menschen, denen ich mich eng verbunden fühle“) und je 10 negativ (Beispiel: „So zurückgezogen wie ich bin, fühle ich mich unglücklich“) formulierten Items. Die Teilnehmenden sollen jeweils angeben, wie oft sie sich so fühlen, wie diese Aussagen beschreiben. Dazu wird eine vierstufige Antwortskala mit den Alternativen „Nie“, „Selten“, „Manchmal“ und „Oft“ vorgegeben.
Auswertungsmodus
Die Antworten werden jeweils mit einem Punkt („Nie“) bis vier Punkten („Oft“) bewertet. Aufgrund der Polung der Skala in Richtung hohe Einsamkeit müssen für die Auswertung die Punktwerte für die 10 positiv formulierten Items invertiert werden. Der Testwert einer Person entspricht dann der Summe über alle 20 Items. Die numerische Spannweite der KSE liegt damit zwischen 20 und 80 Punkten.
Auswertungshilfen
Die Auswertung von Hand ist einfach. Schablonen oder Auswertungsprogramme wurden dafür nicht entwickelt. Normen liegen für studentische Stichproben vor (siehe Tabelle 1), aktuelle bevölkerungsrepräsentative Normen sind u. W. nicht verfügbar.
Für die Interpretation von KSE-Mittelwerten stehen auch die Selbsteinschätzungen der Testpersonen zur Verfügung (vgl. Abschnitt „Normierung“) sowie die Tabelle 1 mit den Itemkennwerten (siehe Abschnitt „Items“).
Auswertungszeit
Die Auswertung beträgt 2 Minuten pro Fragebogen.
Itembeispiele
Itembeispiele werden unter „Testaufbau“ genannt.
Items
Tabelle 1 zeigt die Mittelwerte (M), Standardabweichungen (SD), Trennschärfen (rit) und Schwierigkeitsindizes (p) der Items (beruhend auf der Hauptuntersuchung N = 247, weitere Information dazu unter „Testkonstruktion“).
Tabelle 1
Itemkennwerte für KSE (vgl. Stephan & Fäth, 1989, S. 156)
Item | M | SD | rit | pi |
---|---|---|---|---|
1. Ich fühle mich in Übereinstimmung mit den Menschen um mich herum. | 1.76 | .70 | .45 | .25 |
2. Ich habe nicht genügend Gesellschaft. | 2.06 | .88 | .48 | .35 |
3. Es gibt niemanden, zu dem ich mich hinwenden kann. | 1.46 | .70 | .50 | .16 |
4. Ich fühle mich nicht allein. | 0.61 | .93 | .39 | .20 |
5. Ich fühle mich als Mitglied einer Freundesgruppe. | 1.54 | .79 | .50 | .18 |
6. Ich habe viel gemeinsam mit den Menschen um mich herum. | 1.91 | .79 | .52 | .30 |
7. Ich bin mit niemandem mehr eng zusammen. | 1.63 | .91 | .39 | .21 |
8. Meine Interessen und Ideen werden von den Leuten um mich herum nicht geteilt. | 2.13 | .85 | .51 | .38 |
9. Ich bin eine kontaktfreudige Person. | 1.67 | .77 | .42 | .22 |
10. Es gibt Menschen, denen ich mich eng verbunden fühle. | 1.31 | .60 | .50 | .10 |
11. Ich fühle mich ausgeschlossen. | 1.62 | .77 | .53 | .21 |
12. Meine sozialen Beziehungen sind oberflächlich. | 2.00 | .86 | .42 | .34 |
13. Niemand kennt mich wirklich. | 1.96 | .94 | .55 | .32 |
14. Ich fühle mich von anderen isoliert. | 1.58 | .75 | .68 | .20 |
15. Ich kann Gesellschaft finden, wenn ich das wünsche. | 1.54 | .72 | .44 | .18 |
16. Es gibt Menschen, die mich wirklich verstehen. | 1.55 | .72 | .53 | .18 |
17. So zurückgezogen, wie ich bin, fühle ich mich unglücklich. | 1.50 | .77 | .60 | .17 |
18. Menschen sind zwar um mich herum, jedoch nicht bei mir. | 2.05 | .95 | .57 | .35 |
19. Es gibt Menschen, mit denen ich sprechen kann. | 1.26 | .56 | .48 | .09 |
20. Es gibt Menschen, zu denen ich mich hinwenden kann. | 1.30 | .58 | .55 | .10 |
Anmerkungen. M = Mittelwert, SD = Standardabweichung, rit = Trennschärfe, pi = Itemschwierigkeit.
Die durchschnittliche Schwierigkeit der Items beträgt p = .23 (Min = .09, Max = .38), die durchschnittliche Trennschärfe rit = .50 (Min = .39, Max = .68) und der Gesamtmittelwert liegt bei M = 33.36 (Min = 20, Max = 67, SD = 8.77).
Durchführung
Testformen
Der KSE kann als Einzel- oder Gruppentest durchgeführt werden. Die Vergleichbarkeit mit dem amerikanischen Original ist hoch, die Testgütekriterien der KSE entsprechen denen der revidierten UCLA-Loneliness Scale von Russell et al. (1980).
Kurzversionen
Lamm & Stephan (1986, 1987) schlagen zusätzlich eine Kurzform der KSE vor, die aus den fünf Items 2, 13, 14, 17 und 18 besteht. Diese Items korrelieren am höchsten mit der direkten Selbsteinschätzung von Einsamkeit. Die Kurzskala weist mit Alpha = .79 eine hinreichende Reliabilität und mit r = .91 eine hohe Korrelation zur Gesamtskala auf. Auch die Verteilungskennwerte der Kurzskala (Verteilungsform, zentrale Tendenz, Streuung, Geschlechtsunterschiede) entsprechen weitgehend denen der Gesamtskala.
In neueren bevölkerungsrepräsentativen Längsschnittstudien in Deutschland und den USA kommt eine weitere Kurzskala zum Einsatz, die auf den Items 2, 11 und 14 beruht (Entringer, 2022; Hawkley et al., 2016).
Andere deutsche Adaptionen der UCLA-LS
Neben der KSE gibt es weitere deutsche Fassungen der UCLA-LS (Döring & Bortz, 1993; Quast, 1985; Schwab, 1986; Veiel & Herrle, 1989; Windisch & Kniel, 1988). Diese Adaptionen verwenden jedoch z. T. andere Antwortskalen als das amerikanische Original oder sind bislang nicht umfassend validiert worden.
Andere amerikanische Versionen der UCLA-LS
Neben der revidierten UCLA-LS von Russell et al. (1980), die der Entwicklung der KSE zugrunde lag, existieren noch zwei weitere Versionen dieser Skala: Die ursprüngliche Fassung von Russell, Peplau und Ferguson (1978) - nachfolgend UCLA-LS Version 1 genannt - enthält ebenfalls 20 Items, die jedoch ausnahmslos negativ, also in Richtung hoher Einsamkeit gepolt waren. Diese methodische Schwäche wurde in den späteren Versionen korrigiert.
Die revidierte Fassung dieser Skala, die UCLA-LS Version 2 von Russell et al. (1980), enthält - wie die vorliegende deutsche Version - 10 negativ und 10 positiv gepolte Items, um möglichen Antworttendenzen der Testpersonen entgegenzuwirken. Auf einer Skala von „Never“ bis „Often“ soll angegeben werden, wie oft die jeweilige Aussage (z. B. „I feel left out“) auf einen selbst zutrifft.
Mit der UCLA-LS Version 3 von Russell (1996) sollte die Skala sprachlich vereinfacht werden, um die Items besonders für Personen mit geringer Testerfahrung verständlicher zu machen. Mögliche Probleme dieser Version werden im Abschnitt „Bewertung“ diskutiert.
Altersbereiche
Die Skala kann bei Jugendlichen ab 14 Jahren und Erwachsenen zur quantitativen Erfassung von Einsamkeit eingesetzt werden. Für jüngere Altersgruppen wurden spezielle Messinstrumente entwickelt (Beispiele diskutieren Cole et al., 2021).
Durchführungszeit
Die durchschnittliche Durchführungszeit für die KSE-Gesamtskala beträgt 2-6 Minuten. Eine Zeitbegrenzung ist nicht vorgesehen.
Material
In dem Testpaket ist neben der vorliegenden Verfahrensdokumentation ein schriftlicher Fragebogen inkl. Instruktion enthalten.
Der Test kann schriftlich, mündlich, telefonisch, online oder per Videokonferenz durchgeführt werden. Entsprechendes Material zur Testdurchführung ist vorzubereiten.
Instruktion
Im Folgenden wird die standardisierte Instruktion aufgeführt (vgl. Russell et al., 1980, S. 475):
„Bitte geben Sie an, wie oft Sie sich so fühlen, wie in den nachfolgenden Aussagen beschrieben. Kreisen Sie eine Zahl für jede Aussage ein.“
Durchführungsvoraussetzungen
Es ist keine besondere Qualifikation der Versuchsleitung nötig.
Testkonstruktion
Die KSE ist - wie die UCLA-LS - als globales und eindimensionales Einsamkeitsmaß konzipiert und wurde nach den Prinzipien der Klassischen Testtheorie konstruiert (vgl. Russell et al., 1980). Die Entwicklung der deutschen Skala wird beschrieben in Lamm & Stephan (1986, 1987). Die psychometrischen Eigenschaften des Instruments aus der Perspektive der Klassischen sowie der Probabilistischen Testtheorie diskutiert Fäth (1987). In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass auch eine explizit nach der Probabilistischen Testtheorie konstruierte Einsamkeitsskala existiert, die RTLS (Rasch-Type Loneliness Scale; vgl. de Jong-Gierveld & Kamphuis, 1985; de Jong-Gierveld & van Tilburg, 2006).
Gütekriterien
Objektivität
Aufgrund der Standardisierung, der einfachen Berechnung und der vorliegenden Referenzwerte ist die Objektivität in Durchführung, Auswertung und Interpretation für die KSE weitestgehend gewährleistet.
Reliabilität
Die KSE weist eine hinreichende innere Konsistenz auf: Cronbachs Alpha betrug .88, die Split-half-Koeffizienten nach Spearman und Guttman lagen ebenfalls bei .88. Nach einem Zeitintervall von 3 Monaten betrug die Retest-Reliabilität rtt = .72 und erreichte damit ähnliche Werte wie die der amerikanischen Originalskala (vgl. Russell, 1982, 1996).
Validität
Zur Überprüfung der Validität der KSE wurden u. a. folgende Messinstrumente und Kriterien herangezogen: Die Kurzversion des Freiburger Persönlichkeitsinventars (FPI-K; Fahrenberg et al., 1978), die Schüchternheitsskala von Cheek (1979), Fragen zur aktuellen Lebenssituation und Zufriedenheit der Befragten, Selbsteinschätzungen der körperlichen Attraktivität und der sozialen Fertigkeiten, sowie die Einschätzung der Ursachen für eigene Einsamkeitsgefühle. Belege für die konvergente Validität der KSE sind, dass Einsamkeit einhergeht mit Unzufriedenheit mit den eigenen sozialen Kontakten, gering eingeschätzten sozialen Fertigkeiten, Unzufriedenheit mit dem/der Lebenspartner/-in (soweit vorhanden), geringer selbsteingeschätzter Attraktivität, geringem Selbstwertgefühl und einem eher weiblich geprägten psychologischen Geschlecht. Einsamkeit ist ferner assoziiert mit höheren Ausprägungen von Introversion, Neurotizismus, Schüchternheit, Depressivität und psychosomatischer Gestörtheit. Für die diskriminante Validität der KSE spricht, dass keine Zusammenhänge zwischen Einsamkeit und den Persönlichkeitsfaktoren (spontane und reaktive) Aggressivität sowie Erregbarkeit existieren.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die Korrelationen zwischen diesen Konstrukten und der KSE.
Tabelle 2
Korrelationen der KSE mit ausgewählten Variablen (vgl. Stephan & Fäth, 1989, S. 161)
Variable | Korrelation mit KSE |
---|---|
Selbsteingeschätzte Einsamkeit | .57 (a) |
Zufriedenheit mit soz. Kontakten | -.65 (a) |
Zufriedenheit mit Lebenspartner | -.36 (b) |
Soziale Fertigkeiten | -.53 (a) |
Maskulinität | -.37 (a) |
Extraversion | -.39 (a) |
Neurotizismus | .40 (a) |
Schüchternheit (FPI-K) | .30 (a) |
Schüchternheit (Cheek) | .55 (a) |
Selbsteingeschätzte Attraktivität | -.22 (a) |
Selbstwertgefühl | -.36 (a) |
Depressivität | .44 (a) |
Psychosomatische Gestörtheit | .21 (a) |
Spontane Aggressivität | -.07 (c) |
Reaktive Aggressivität | -.01 (c) |
Erregbarkeit | .05 (c) |
Anmerkungen. (a): N = 247; p < .001, (b): n = 142, p < .001; (c): N = 247, p > .10.
Befragte, die Hilfe bei einer psychologischen Beratungsstelle gesucht hatten, zeigten deutlich höhere Einsamkeitswerte (n = 27, M = 49.1) als die nicht-klinische Gruppe (n = 247, M = 33.4; t = 6.35, df = 272, p < .001). Auch Personen, die ihre Einsamkeitsgefühle intern-stabil attribuierten, wiesen eine stark erhöhte Einsamkeit auf (n = 21, M = 47.9) gegenüber Personen mit anderen Attributionsmustern (n = 213, M = 33.1; t = 6.73, df = 232, p < .001).
Normierung
Die hier berichteten Ergebnisse beruhen auf einer Stichprobe von N = 247 Studierenden einer westdeutschen Universität. Diese Personen kamen aus verschiedenen Fachbereichen und Studiensemestern und wurden im Wintersemester 1986/87 in Lehrveranstaltungen um ihre Teilnahme an der Untersuchung gebeten. Das Durchschnittsalter der Studierenden lag bei 23.2 Jahren, ca. 41 Prozent waren weiblich. Zur Prüfung der Stabilität füllte ein Teil der Testpersonen (N = 97) die KSE drei Monate später erneut aus.
In dieser im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich jüngeren, höher gebildeten und soziologisch homogeneren Gruppe ist Einsamkeit eher gering ausgeprägt (M = 33.4, Min = 20, Max = 67, SD = 8.8). Die Rohwertverteilung ist linkssteil (Md = 32.0, Schiefe = 1.32), schmalgipflig (Exzess = 1.98) und weicht signifikant von einer Normalverteilung ab (KS-Z = 2.19, p < .01). Männliche Befragte wiesen etwas (aber nicht signifikant) höhere Mittelwerte als weibliche auf (MM = 34.1 vs. MF = 32.3), was frühere Befunde an amerikanischen Studierenden (Russell et al., 1980, S. 477) und deutschen Studierenden (Lamm & Stephan, 1986, S. 131) bestätigt.
Trotz der insgesamt geringen Einsamkeit unter Studierenden lassen die Daten vermuten, dass nahezu jeder Sechste in dieser Gruppe Einsamkeit als Problem empfindet. Bei den direkten Selbsteinschätzungen von Einsamkeit äußern ca. 16 Prozent der Befragten, dass sie „fast immer“, „sehr häufig“ oder „einigermaßen häufig“ einsam seien. Dies entspricht einem KSE-Gesamtwert von 45 Punkten oder mehr, wie Tabelle 3 zeigt.
Tabelle 3
KSE-Mittelwerte in den einzelnen Kategorien der Einsamkeits-Selbsteinschätzung (vgl. Stephan & Fäth, 1989, S. 162)
Kategorie | n | KSE-Mittelwert |
---|---|---|
"fast immer einsam" | 3 | 59.85 |
"sehr häufig einsam" | 14 | 53.07 |
"einigermaßen häufig einsam" | 27 | 44.96 |
"teils-teils" | 33 | 36.49 |
"einigermaßen selten einsam" | 60 | 36.03 |
"sehr selten einsam" | 69 | 30.45 |
"fast nie einsam" | 68 | 28.85 |
Gesamt | 274 | 34.91 |
Aktuelle Normen für die deutsche Gesamtbevölkerung stehen derzeit nicht zur Verfügung; entsprechende Erhebungen mit der KSE sind in Planung.
Anwendungsmöglichkeiten
Die KSE kann vorzugsweise im Rahmen der soziologischen, psychologischen, pädagogischen und medizinischen Forschung, ferner in der klinischen Diagnostik, der Therapieerfolgskontrolle und der Persönlichkeitsdiagnostik eingesetzt werden. Weitere Anwendungsbereiche wären:
- Monitoring von Einsamkeit im Rahmen von bevölkerungsrepräsentativen Längsschnittstudien mit geeigneten Kurzskalen (z. B. Entringer, 2022; Mund, 2022)
- Durchführung von international vergleichenden Studien zur Veränderung von Einsamkeit und zur Evaluation von Interventionen gegen Einsamkeit
- Identifizierung von Problemgruppen in der Bevölkerung (Randgruppen und Minderheiten, Kinder, Ältere, Alleinlebende, Hospitalisierte, Personen mit direktem Migrationshintergrund, niedriger Bildung und/oder niedrigen Einkommen)
- Studien zur Auswirkung externer Schocks auf die Einsamkeit betroffener Gruppen (Epidemien, Wirtschaftskrisen, Naturkatastrophen, Krieg, Flucht, Vertreibung, etc.)
Bewertung
Mit der KSE liegt eine nach den Gütekriterien der Klassischen Testtheorie reliable und valide Adaptation der UCLA-LS vor. Die in amerikanischen Untersuchungen gefundene innere Konsistenz, zeitliche Stabilität und Konstruktvalidität der Skala konnte bestätigt werden. Letzteres ist insofern bemerkenswert, als die relevanten Persönlichkeitskonstrukte naturgemäß mit anderen Messinstrumenten erfasst wurden und dennoch sehr ähnliche Korrelationen wie in den amerikanischen Originalstudien gefunden wurden.
Einschränkend ist festzuhalten, dass die Ergebnisse auf einer studentischen Stichprobe beruhen, die sich altersmäßig, ökonomisch und soziologisch nicht nur stark von der Gesamtbevölkerung unterscheidet, sondern die hinsichtlich dieser Kriterien auch erheblich homogener ist. Für die Anwendbarkeit der KSE in heterogen Gruppen oder in der Gesamtpopulation ergibt sich daraus kein Nachteil. Die Gütekriterien der KSE in solchen Gruppen werden durch die Nutzung einer studentischen Untersuchungsstichprobe eher unter- als überschätzt, wie Stephan & Fäth (1989, S. 163) gezeigt haben.
Versionen der UCLA-LS
Die in Abschnitt „Testformen“ aufgeführten Revisionen der UCLA-LS sind nicht durchgängig positiv zu bewerten. Die UCLA-LS Version 3 von Russell (1996) beinhaltet zwar sprachliche Vereinfachungen, um die Verständlichkeit der Items besonders für Ältere und Personen mit geringem Bildungsstand zu erhöhen. So wurde ein Item (# 4) umgepolt, um doppelte Verneinungen zu vermeiden; die neue Skala enthält folglich 9 positiv und 11 negativ gepolte Items. Zusätzlich wurde aber für alle Items sowohl das Frage- wie auch das Antwortformat verändert. Sämtliche Items beginnen jetzt mit der Phrase „How often do you feel …“, und die vorgegebenen Antwortkategorien laufen von „Never“ bis „Always“ (anstelle von „Often“ wie in der vorherigen Version 2). Insbesondere die beiden zuletzt genannten Änderungen erschweren die Vergleichbarkeit der mit Version 2 und 3 gewonnenen Forschungsergebnisse erheblich. Ein möglicher weiterer Nachteil der UCLA-LS Version 3 besteht in ihrem wenig abwechslungsreichen Frageformat, das auf manche Testpersonen ermüdend und demotivierend wirken könnte. Je nach Fragestellung und Zielgruppe wäre die Version 2 also der Version 3 vorzuziehen.
Dimensionalität der Skala
Seit den frühen 1980er Jahren wird die Dimensionalität der UCLA-LS kontrovers diskutiert (Russell, 1982). Diese Diskussion hält bis heute an (Mund, 2022; Mund et al., 2023). Konfirmatorische Faktorenanalysen von Russell (1996) legen die Annahme eines einzigen bipolaren Einsamkeitsfaktors sowie von zwei Methodenfaktoren nahe, die die Polung der Items (negativ vs. positiv) widerspiegeln.
Andere Einsamkeitsskalen sind demgegenüber dezidiert mehrdimensional konzipiert. Dazu gehören die bereits im Abschnitt „Testkonstruktion“ erwähnte RTLS sowie die Social and Emotional Loneliness Scale for Adults (SELSA; DiTommaso & Spinner, 1993) und die Differential Loneliness Scale (DLS; Schmidt & Sermat, 1983). Diese Skalen greifen die auf Weiss (1973) basierende Unterscheidung zwischen emotionaler und sozialer Einsamkeit auf und differenzieren z. T. weiter nach verschiedenen Lebensbereichen (intime Beziehungen, Familie, Freundeskreis, größere Gemeinschaften, Gesellschaft insgesamt).
Erstmals publiziert in:
Stephan, E. & Fäth, M. |x (1989). Zur Validität der deutschen Fassung der UCLA-Einsamkeitsskala. Diagnostica, 35 (2), 153-166.
Literatur
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Cheek, J. M. (1979). Shyness and sociability. Unpublished master's thesis, University of Texas at Austin.
Cole, A., Bond, C., Qualter, P., & Maes, M. (2021). A Systematic Review of the Development and Psychometric Properties of Loneliness Measures for Children and Adolescents. International Journal of Environmental Research and Public Health, 22, 18(6), 3285. https://doi.org/10.3390/ijerph18063285
de Jong Gierveld, J. & Kamphuis, F. H. (1985). The development of a Rasch-type Loneliness Scale. Applied Psychological Measurement, 9, 289–299. https://doi.org/10.1177/014662168500900307
de Jong Gierveld, J. & van Tilburg, T. (2006). A 6-Item scale for overall, emotional, and social loneliness: Confirmatory tests on survey data. Research on Aging, 28, 582–598. https://doi.org/10.1177/0164027506289723
DiTommaso, E., & Spinner, B. (1993). The development and initial validation of the Social and Emotional Loneliness Scale for Adults (SELSA). Personality and individual differences, 14(1), 127–134.
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Hawkley, L., Duvoisin, R., Ackva, J., Murdoch, J., & Luhman, M. (2016): Loneliness in Older Adults in the USA and Germany: Measurement Invariance and Validation: NORC Working Paper Series, 11. Online abrufbar unter: https://www.norc.org/PDFs/Working Paper Series/WP-2015-004.pdf (Stand: 24.06.2025)
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Wichtige neuere Publikationen
Stephan, E. (2002). KSE. Kölner Skala zur Messung von Einsamkeit. In E. Brähler, J. Schumacher & B. Strauß (Hrsg.), Diagnostische Verfahren in der Psychotherapie (S. 229-231). Göttingen: Hogrefe.
Orginalfassung/Anderssprachlige Fassungen
Russell D. W. (1996). UCLA Loneliness Scale (Version 3): reliability, validity, and factor structure. Journal of Personality Assessment, 66 (1), 20–40. https://doi.org/10.1207/s15327752jpa6601_2 [UCLA Loneliness Scale (Version 3) included. p. 23]
Russell, D., Peplau, L. A. & Cutrona, C. E. (1980). The revised UCLA Loneliness Scale: Concurrent and discriminant validity evidence. Journal of Personality and Social Psychology, 39 (3), 472-480. [items included p. 475]
Rezensionen
Westhoff, G. (Hrsg.). (1993). Handbuch psychosozialer Meßinstrumente. Ein Kompendium für epidemiologische und klinische Forschung zu chronischer Krankheit (Testkurzdarstellung UCLA-LS University of California at Los Angeles Loneliness Scale, revised, Russell et al.; LONE Fragebogen zur Sozialen Beziehung, dt. Vers. Quast; KSE Kölner Skala zur Messung von Einsamkeit, Stephan u. Fäth: S. 874-877). Göttingen: Hogrefe.
Kontaktdaten
Prof. Dr. Ekkehard Stephan, FOM Hochschule Ökonomie und Management, Agrippinawerft 4, D-50678 Köln
Prof. Dr. Helmut Lamm, Humanwissenschaftliche Fakultät, Universität zu Köln, Albertus-Magnus-Platz, D-50923 Köln
Matthias Faeth, Dipl.-Psych., Geschäftsführer Prima Marktforschung, Heide 16, D-95707 Thriersheim