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CENS-PE
Checkliste zur Erfassung neuropsychiatrischer Störungen bei Parkinsonerkrankung
Kurzabstract
Die kurze "Checkliste zur Erfassung neuropsychiatrischer Störungen bei Parkinsonerkrankung" (CENS-PE) dient der Erfassung neuropsychiatrischer Symptome bei Patienten mit der Parkinsonerkrankung. Sie umfasst 12 Items, welche den Störungsbildern Psychotische Symptome, Stimmung/Apathie und Störung der Impulskontrolle zugeteilt sind. Reliabilität: Die interne Konsistenz der CENS-PE liegt für alle Subskalen im unteren Bereich (Cronbachs Alpha = .35-.70). Validität: Die Konstruktvalidität wurde berechnet (konfirmatorische und exploratische Faktorenanalysen, mittlere Iteminterkorrelationen). Für den Nachweis der konvergenten Validität wurden die Items der Skala Stimmung/Apathie mit ähnlichen Messverfahren korreliert (r > .30). Eine varianzanalytische Prüfung mit drei Stichproben (1) ohne kognitive Einschränkungen, (2) mit Mild Cognitive Impairment (MCI) und (3) mit Demenz ergab, dass der Summenwert der CENS-PE signifikant zwischen den drei Gruppen unterscheidet. Patienten mit einer Demenz weisen einen signifikant höheren Summenwert in der CENS-PE auf als Patienten ohne kognitive Defizite. Da nur sieben Patienten zum Zeitpunkt der Untersuchung die Diagnosekriterien für eine Parkinson-Demenz erfüllten, ist die Generalisierbarkeit dieses Ergebnisses limitiert.
Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID). (2019). Open Test Archive: CENS-PE. Checkliste zur Erfassung neuropsychiatrischer Störungen bei Parkinsonerkrankung. Verfügbar unter: https://www.testarchiv.eu/de/test/9007419
Zitierung
Meyer, A., Hadinia, A., Hatz, F., Martinez-Martin, P., Fuhr, P., Stieglitz, R. D. & Gschwandtner, U. (2017). CENS-PE. Checkliste zur Erfassung neuropsychiatrischer Störungen bei Parkinsonerkrankung [Verfahrensdokumentation und Fragebogen]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.6483
Kurzinformationen
Kurzname CENS-PE
Engl. Name Scale for Evaluation of Neuropsychiatric Disorders in Parkinson's Disease (SEND-PD) - German version
Autoren Meyer, A., Hadinia, A., Hatz, F., Martinez-Martin, P., Fuhr, P., Stieglitz, R. D., Gschwandtner, U.
Erscheinungsjahr im Testarchiv 2017
Copyright/Lizenz Copyright Autoren; CC-BY-NC-ND 3.0
Schlagworte Symptomlisten, Patienten, Parkinson-Krankheit, Psychose, Apathie, Impulskontrollstörung, Psychotherapieergebnisse, Therapieergebnisse, Demenz
Sprachversionen deu
Konstrukt Parkinson
Altersbereich Keine Alterseinschränkung.
Itemzahl 12 Items
Subskalen (1) Psychotische Symptome, (2) Stimmung/Apathie, (3) Störung der Impulskontrolle
Durchführungszeit ca. 5 Min.
Auswertungsdauer ca. 1 Min.
Interne Konsistenz: Cronbachs Alpha = .35-.70.
Befunde zur Konstruktvalidität: faktorielle Validität, mittlere Iteminterkorrelationen, konvergente Validität; Mittelwertunterschiede zwischen gesunden und anderen klinischen Gruppen.
Keine; Mittelwerte und Standardabweichungen
Anwendungsbereich Neuropsychiatrie
Diagnostische Zielsetzung
Die kurze und pragmatische "Checkliste zur Erfassung neuropsychiatrischer Störungen bei Parkinsonerkrankung" (CENS-PE; Meyer et al., 2016) dient der Erfassung neuropsychiatrischer Symptome bei Patienten mit der Parkinsonerkrankung.
Aufbau
Die Checkliste umfasst 12 Items, welche neuropsychiatrische Symptome aus den Störungsbildern Psychotische Symptome, Stimmung/Apathie und Störung der Impulskontrolle erfragen.
Grundlagen und Konstruktion
Die CENS-PE wurde nach den Prinzipien der Klassischen Testtheorie entwickelt. Bei über 90% der Patienten mit Parkinsonerkrankung liegen neuropsychiatrische Symptome vor. Um diese einfach und schnell erfassen zu können, wurde die Checkliste zur Erfassung neuropsychiatrischer Symptome bei Parkinsonerkrankung (CENS-PE) von Martinez-Martin et al. (2012) konstruiert und validiert. Die Items der Stimmung/Apathie Domäne erwiesen sich mehrheitlich als trennscharf, die interne Konsistenz ist insgesamt akzeptabel, die Validität ist gegeben. Für die Domänen psychotische Symptome und Störung der Impulskontrolle sind die Ergebnisse nur teilweise ausreichend.
Empirische Prüfung und Gütekriterien
Reliabilität: Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der deutschsprachigen Version der CENS-PE liegt für alle Subskalen im unteren Bereich (Alpha = .35-.70). Der Kennwert für die Subskala Stimmung/Apathie ist akzeptabel. In der Originalversion fallen die Werte höher aus und liegen im akzeptablen Bereich.
Validität: Die Konstruktvalidität wurde durch Faktorenanalysen (konfirmatorisch und exploratisch) sowie durch die Bestimmung der mittleren Iteminterkorrelationen berechnet. Die Dreifaktorenstruktur konnte nachgewiesen werden. Die Items korrelierten zwischen r = .15 und .32. Für den Nachweis der konvergenten und diskriminanten Validität wurden für die englische und spanische Version Korrelationen zwischen den Items und klinischen Fragebögen berechnet und nachgewiesen. Mit der deutschen Version wurden die Items der Skala Stimmung/Apathie mit ähnlichen Messverfahren korreliert. Die Koeffizienten lagen über r = .30. Der Summenwert der englischen Version erlaubt eine Differenzierung zwischen Patienten mit einer Parkinsonerkrankung und unterschiedlichen Schweregraden der kognitiven Einschränkungen. Mit zunehmenden kognitiven Defiziten ist eine Zunahme der neuropsychiatrischen Symptome zu erwarten und mit dem Verfahren messbar. Auch für die deutschsprachige Version wurde dieser Aspekt der Validität überprüft. Die varianzanalytische Prüfung der drei Stichproben (1) ohne kognitive Einschränkungen, (2) mit Mild Cognitive Impairment (MCI) und (3) mit Demenz ergab, dass sich der Summenwert der CENS-PE signifikant zwischen den drei Gruppen unterscheidet (Chi-Quadrat = 5.87; df = 2; p = .05). Patienten mit einer Demenz weisen einen signifikant höheren Summenwert in der CENS-PE auf als Patienten ohne kognitive Defizite. Da nur sieben Patienten zum Zeitpunkt der Untersuchung die Diagnosekriterien für eine Parkinson-Demenz erfüllten, ist die Generalisierbarkeit dieses Ergebnisses limitiert.
Normen: Das Verfahren ist nicht normiert. Angegeben werden Mittelwerte und Standardabweichungen sowie weitere Stichprobenkennwerte.
Testkonzept
Theoretischer Hintergrund
Nicht-motorische Beeinträchtigungen wie neuropsychiatrische Symptome liegen bei über 90% der Patienten mit Parkinsonerkrankung vor und sind besonders belastend, da sie zu den bedeutsamsten Faktoren zählen, die zu einer verminderten Lebensqualität führen (Chaudhuri, Odin, Antonini & Martinez-Martin, 2011). Das Ziel des vorliegenden Verfahrens, der Checkliste zur Erfassung neuropsychiatrischer Störungen bei Parkinsonerkrankung (CENS-PE; Meyer et al., 2016), ist es, die neuropsychiatrischen Symptome möglichst zeiteffizient und einfach erfassen zu können. Zudem sollte anhand der CENS-PE entschieden werden können, ob weitere neuropsychiatrische Untersuchungen indiziert sind. Neuropsychiatrische Symptome, die zu den Störungsbildern Psychotische Symptome, Stimmung/Apathie und Störung der Impulskontrolle zählen, können mit der CENS-PE untersucht werden. Das Originalinstrument wurde von Martinez-Martin, Frades-Payo, Agüera-Ortiz und Ayuga-Martinez (2012) konstruiert. Die Autoren überprüften die psychometrischen Eigenschaften des Verfahrens im Rahmen einer multizentrischen Studie bei einer Stichprobe von Patienten mit unterschiedlichen Schweregraden der Parkinsonerkrankung. Die CENS-PE erwies sich in der Originalarbeit als reliabel und valide. In zwei Folgestudien wurde das Verfahren ins Deutsche und Spanische übersetzt und hinsichtlich Reliabilität und Validität überprüft (Meyer et al., 2016; Rodriguez-Violante et al., 2014).
Testaufbau
Die CENS-PE umfasst 12 Fragen, welche den übergeordneten Störungsbildern Psychotische Symptome (4 Items), Stimmung/Apathie (5 Items) und Störung der Impulskontrolle (3 Items) zugeteilt sind (siehe auch "Items"). Die Fragen werden primär von den Patienten beantwortet, können aber ggf. von einer betreuenden Person ergänzt werden.
Auswertungsmodus
Pro Item gibt es fünf Antwortmöglichkeiten. Danach wird der Schweregrad der Symptome beurteilt:
0 = das Symptom ist nicht vorhanden.
1 = leichte Beeinträchtigung: Das Symptom ist gut zu ertragen und erfordert keine spezifischen Maßnahmen.
2 = mittelschwere Beeinträchtigung: Das Symptom verursacht stärkeres Leiden und/oder die Patientin/der Patient benötigt höheren Betreuungsbedarf. Es erfordert einfache, aber spezifische Maßnahmen und tritt als relevante Komponente des klinischen Erscheinungsbildes auf.
3 = schwere Beeinträchtigung: Das Symptom trägt zur Invalidität bei und die Patientin/der Patient benötigt Betreuung oder Beaufsichtigung. Es sind eine spezifische Behandlung und beträchtliche therapeutische Maßnahmen erforderlich. Es wird zu einem wesentlichen Bestandteil des klinischen Bildes.
4 = sehr schwere Beeinträchtigung: Das Symptom tritt als das wichtigste oder eines der wichtigsten Symptome auf. Es erfordert eine spezifische Behandlung und intensive therapeutische Maßnahmen. Es wird zum Mittelpunkt von Behandlung und Pflege.
Ein Gesamtwert wird nicht berechnet. Aus den fünfstufigen Items (0-4) wird für jede Domäne ein Summenwert gebildet:
(1) Psychotische Störung: maximale Punktzahl 16 (4x4);
(2) Stimmung/Apathie: maximale Punktzahl 20 (5x4);
(3) Störung der Impulskontrolle: maximale Punktzahl 12 (3x4).
Die minimale Punktzahl beträgt null Punkte.
Resultiert ein Summenwert von drei Punkten und mehr, liegen ein oder mehrere neuropsychiatrische Probleme vor. Ab einem Summenwert von 10 Punkten (und mehr) wird eine neuropsychiatrische Abklärung empfohlen.
Auswertungshilfen
Als Auswertungshilfen stehen Cut-off-Werte sowie ein fünfstufiges Klassifikationssystem zur Verfügung.
Auswertungszeit
Die Auswertung beträgt ca. eine Minute.
Itembeispiele
Anmerkung: Im Folgenden wird ein Item, welches Stimmung/Apathie abbildet, dargestellt.
Stimmung/Apathie
Apathie - Antriebsarmut: "Zeigt sie/er kein Interesse daran, Aufgaben oder Aktivitäten zu beginnen, diese fortzuführen oder sie zu beenden?"
Items
Anmerkung: M = Mittelwert, SD = Standardabweichung.
Psychotische Symptome
Reizbarkeit - Aggressivität: Macht sie/er häufig Drohungen oder drückt sie/er sich häufig aggressiv aus? (M = 0.24, SD = 0.50)
Wahnvorstellung/en: Hat sie/er wirklichkeitsfremde Vorstellungen, wie zum Beispiel betrogen oder hintergangen zu werden, ein Gewaltopfer zu werden oder gar verfolgt zu werden? (M = 0.07, SD = 0.30)
Fehlerkennungen: Verwechselt sie/er Personen, bezeichnet sie/er jemanden als jemand anderen oder schreibt sie/er Personen in ihrem/seinem Umfeld falsche Identitäten zu? (M = 0.07, SD = 0.33)
Halluzinationen: Nimmt sie/er Dinge wahr, die nicht existieren oder nicht real sind, wie zum Beispiel Stimmen hören, nicht vorhandene Dinge sehen, körperliche Berührungen spüren? (M = 0.14, SD = 0.43)
Stimmung/Apathie
Verbale und soziale Isolation: Nimmt sie/er selten an sozialen Aktivitäten oder Gesprächen teil, bringt sie/er zum Ausdruck, dass sie/er nichts zu sagen habe oder ist sie/er nicht ausreichend kommunikativ? (M = 0.52, SD = 0.86)
Apathie - Antriebsarmut: Zeigt sie/er kein Interesse daran, Aufgaben oder Aktivitäten zu beginnen, diese fortzuführen oder sie zu beenden? (M = 0.52, SD = 0.83)
Geistige Ermüdbarkeit: Wird sie/er leicht ermüdbar oder bricht häufig jegliche Art von geistiger Aktivität ab, unabhängig davon, ob die Aufgabe übermäßige Anstrengung erfordert oder nicht? (M = 0.73, SD = 0.85)
Depression: Fühlt sie/er sich traurig, erschöpft, entmutigt, hoffnungslos? Hat sie/er aufgehört, sich an Dingen zu erfreuen, an welchen sie/er früher Gefallen fand? (M = 0.60, SD = 0.85)
Angst: Fühlt sie/er sich nervös, rastlos, bekümmert oder beunruhigt ohne spezifischen Grund? Verursachen ihr/ihm unwichtige oder neue Dinge oder Ereignisse Ruhelosigkeit und/oder Besorgnis? (M = 0.38, SD = 0.67)
Störung der Impulskontrolle
Zwangsstörungen: Verrichtet sie/er täglich unnötige, repetitive Handlungen, verwendet sie/er viel Zeit darauf oder reagiert sie/er verärgert, wenn ihr/ihm solche Handlungen untersagt oder zum Vorwurf gemacht werden? (M = 0.04, SD = 0.25)
Störungen der Impulskontrolle: Fällt sie/er durch impulsives Verhalten auf, kann sie/er nicht aufhören, bestimmte Dinge zu tun, wie zum Beispiel: exzessives oder unnötiges Einkaufen, viel Zeit und Geld mit Glücksspielen zu verbringen, dort viel Geld auszugeben oder übertriebenes Interesse an Sexualität zu haben? (M = 0.10, SD = 0.37)
Dopaminerger/e Medikamentenmissbrauch oder -abhängigkeit: Nimmt sie/er Medikamente in einer höheren Frequenz oder Dosis als verschrieben wurden ein? (M = 0.06, SD = 0.32)
Durchführung
Testformen
Das Verfahren existiert neben dem englischsprachigen Original, "Scale for Evaluation of Neuropsychiatric Disorders in Parkinson's Disease (SEND-PD; Martinez-Martin et al., 2012), auch auf Spanisch (Rodriguez-Violante et al., 2014).
Altersbereiche
Das Verfahren wurde nicht für einen bestimmten Altersbereich konzipiert.
Durchführungszeit
Das Ausfüllen der Checkliste dauert ca. 5 Minuten.
Material
Für die Durchführung werden die Checkliste sowie ein Schreibgerät benötigt.
Instruktion
Die Instruktion wird mündlich vorgelesen. Die Fragen der CENS-PE werden im Rahmen eines halbstrukturierten Interviews vom Patienten beantwortet.
Durchführungsvoraussetzungen
Das Verfahren sollte von Personen mit Erfahrung und sehr guten Kenntnissen im Bereich Parkinsonerkrankung durchgeführt werden (Ärzte oder Psychologen). Bei Patienten, die zusätzlich unter kognitiven Einschränkungen leiden, sollten die Angaben zusätzlich von einer Pflegeperson oder von den Angehörigen bestätigt und ergänzt werden.
Testkonstruktion
Die Originalarbeit von Martinez-Martin et al. (2012) und die spanische Übersetzung (Rodriguez-Violante et al., 2014) sowie auch die deutsche Version der CENS-PE (Meyer et al., 2016) orientieren sich an den Prinzipien der Klassischen Testtheorie. Die originale Version wurde basierend auf den Daten von 50 Patienten mit Parkinsonerkrankung und einer alters-gematchten Stichprobe von 25 Probanden konstruiert. Grundlage bildeten 52 Items aus weit verbreiteten Skalen, welche psychiatrische Symptome erfassen, jedoch unspezifisch sind für die Parkinsonerkrankung. Anschließend wurden die psychometrischen Eigenschaften der CENS-PE im Rahmen einer multizentrischen Studie in Spanien an einer Stichprobe von N = 633 Patienten mit Parkinsonerkrankung überprüft. Die Zuteilung der 12 Items zu den drei Domänen Psychotische Symptome, Stimmung/Apathie und Störung der Impulskontrolle wurde mit einer orthogonalen Faktorenanalyse bestimmt. Die spanische Version wurde in einer Folgestudie in Mexiko durchgeführt; an einer unabhängigen Stichprobe von 260 Patienten mit der Parkinsonerkrankung wurden Reliabilität und Validität überprüft. Für die deutsche Version wurden die 12 Items der englischen Version von einer professionellen Übersetzerin ins Deutsche übersetzt und von einer zweiten unabhängigen Übersetzerin ins Englische rückübersetzt. Die Rückübersetzung wich nur geringfügig von der englischen Originalversion ab. Die Validierung des Verfahrens erfolgte in der Schweiz an einer Stichprobe von 96 Patienten mit der Parkinsonerkrankung. Die Trennschärfen liegen im Bereich rit = .24 und rit = .78. Mit Ausnahme von zwei Items sind alle Werte über dem kritischen Wert rit > .30. In der Originalversion liegen alle Kennwerte zur Erfassung der internen Konsistenz, Homogenität und Trennschärfe im akzeptablen Bereich. In allen drei Versionen sind die Kennwerte für den Bereich Störung der Impulskontrolle jedoch am schlechtesten.
Gütekriterien
Objektivität
Die CENS-PE ist in ihrer Durchführung und Auswertung standardisiert und deshalb als objektiv einzuschätzen.
Reliabilität
Die Kennwerte zur Erfassung der internen Konsistenz (Cronbachs Alpha) der deutschsprachigen Version der CENS-PE liegen in allen Subskalen im unteren Bereich (Alpha = .35-.70). Der Kennwert für die Subskala Stimmung/Apathie ist akzeptabel. In der Originalversion liegen alle Kennwerte zur Erfassung der internen Konsistenz im akzeptablen Bereich. In allen drei Versionen sind die Kennwerte für den Bereich Störung der Impulskontrolle jedoch am schlechtesten.
Validität
Faktorielle Validität/Konstruktvalidität
Für die deutsche Version wurde mit einer konfirmatorischen Faktoranalyse überprüft, ob sich das dreifaktorielle hierarchische Testmodell mit den drei übergeordneten Faktoren Psychotische Symptome, Stimmung/Apathie und Störung der Impulskontrolle nachweisen lässt. Es zeigte sich eine signifikante Abweichung zwischen den erhobenen Daten und dem postulierten Modell (Chi-Quadrat-Wert = 67.80, df = 51; p = .05). Als nächster Schritt wurde eine exploratorische Hauptkomponentenanalyse (PCA) durchgeführt. Die visuelle Analyse des Scree Plots, welche als Teil der PCA zur Bestimmung der Anzahl relevanter Faktoren ausgewertet wird, wies auf eine dreifaktorielle Lösung hin. In den Analysen mit der dreifaktoriellen Lösung zeigte sich eine gute Einfachstruktur, wonach die 12 Items lediglich auf ihrem zugeordneten Faktor (Psychotische Symptome, Stimmung/Apathie und Störung der Impulskontrolle) hoch luden.
Für die mittleren Interkorrelationen der Items mit den jeweiligen Domänen zur Erfassung der Homogenität resultieren Werte zwischen r = .15 bis r = .32 und liegt nur für die Subskala Störung der Impulskontrolle unterhalb des Cut-off-Werts.
Konvergente und diskriminante Validität
Die konvergente und diskriminante Validität der CENS-PE wurde über Korrelationen zwischen den Items und klinischen Fragebögen bestimmt und ist für die englische Version für die Domänen Psychotische Symptome und Störungen der Impulskontrolle bestätigt (Martinez-Martin et al., 2012). Für die spanische Version konnte die konvergente Validität der Skala ebenfalls bestätigt werden (Rodriguez-Violante et al., 2014). Für die deutsche Version wurden diese Aspekte der Validität ausschließlich für die Items der Stimmung/Apathie Domäne ermittelt, da diese für die englische Version noch nicht überprüft worden war. Der Subskalenwert sowie die einzelnen Items der Domäne korrelieren signifikant mit Messinstrumenten (r > .30), welche zur Erfassung ähnlicher oder gleicher Störungsbilder wie Depression, Fatigue und Apathie eingesetzt werden. Die Übereinstimmung zwischen der Domäne Stimmung/Apathie mit einer inhaltlich ferneren Skala wies keine bedeutsamen Korrelationen auf. Somit konnten konvergente und diskriminante Validität bestätigt werden.
Mittelwertunterschiede zwischen Diagnosegruppen
In der Originalarbeit von Martinez-Martin et al. (2012) konnte gezeigt werden, dass Patienten mit der Parkinsonerkrankung und unterschiedlichen Schweregraden der kognitiven Einschränkungen sich mit dem Summenwert der CENS-PE unterscheiden lassen. Mit zunehmenden kognitiven Defiziten ist eine Zunahme der neuropsychiatrischen Symptome zu erwarten und mit dem Verfahren messbar. Auch für die deutschsprachige Version wurde dieser Aspekt der Validität überprüft. Die varianzanalytische Prüfung der drei Stichproben (1) ohne kognitive Einschränkungen, (2) mit Mild Cognitive Impairment (MCI) und (3) mit Demenz ergab, dass sich der Summenwert der CENS-PE signifikant zwischen den drei Gruppen unterscheidet (Chi-Quadrat = 5.87; df = 2; p = .05). Die post-hoc Analyse zeigt, dass Patienten mit einer Demenz einen signifikant höheren Summenwert in der CENS-PE aufweisen als Patienten ohne kognitive Defizite (Demenz: Mdn = 2; ohne kognitive Defizite: Mdn = 0.7; U (7.46) = 76); p ist kleiner als .01). Da nur sieben Patienten zum Zeitpunkt der Untersuchung die Diagnosekriterien für eine Parkinson-Demenz erfüllten, ist die Generalisierbarkeit dieses Ergebnisses limitiert.
Normierung
Für die CENS-PE liegen keine Normwerte vor. Angegeben werden Mittelwerte und Standardabweichungen sowie weitere Stichprobenkennwerte (Martinez-Martin et al., 2012, S. 2303; Meyer et al., 2016, S. 423 f.; Rodriguez-Violante et al., 2014, S. 3).
Tabelle 1
Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD) (modifiziert nach Martinez-Martin, Frades-Payo, Agüera-Ortiz & Ayuga-Martinez, 2012, S. 2303; Meyer et al., 2016, S. 423 f.; Rodriguez-Violante et al., 2014, S. 3)
Domäne | 1 | 2 | 3 | |||
---|---|---|---|---|---|---|
Stichprobe | M | (SD) | M | (SD) | M | (SD) |
Martinez-Martin et al. (2012) (N = 615) |
1.34 | (2.27) | 4.58 | (3.70) | 0.60 | (1.34) |
Meyer et al. (2016) (N = 96) |
0.53 | (1.00) | 2.72 | (2.70) | 0.20 | (0.60) |
Rodriguez-Violante et al. (2014) (N = 260) |
1.10 | (2.10) | 3.80 | (4.00) | 0.40 | (1.10) |
Anmerkungen. Domäne: 1 = Psychotische Symptome, 2 = Stimmung/Apathie, 3 = Störung der Impulskontrolle. N = Stichprobengröße.
Anwendungsmöglichkeiten
Die CENS-PE kann in der klinischen Praxis, im stationären, ambulanten oder rehabilitativen Bereich, eingesetzt werden. Die Checkliste soll primär dazu dienen, den behandelnden Personen (z. B. behandelnde Neurologen oder Psychologen) einen Überblick über das Vorhandensein von neuropsychiatrischen Symptomen bei Patienten mit der Parkinsonerkrankung, deren Art und Schweregrad, zu verschaffen. Basierend auf dem Summenwert kann zudem entschieden werden, ob eine ausführliche neuropsychiatrische Untersuchung indiziert ist. Im Bereich der Anwendungsforschung ist die Checkliste weniger vorgesehen. Der Summenwert der CENS-PE kann in diesem Bereich aber Hinweise über die Ausprägung und Art von neuropsychiatrischen Störung einer Stichprobe liefern. Der Vorteil der Checkliste ist, dass sie im Vergleich zu anderen Verfahren spezifisch auf die Parkinsonerkrankung ausgerichtet ist, sehr zeiteffizient, pragmatisch und simpel ist und gleichzeitig unterschiedliche Störungsbilder erfasst, die typischerweise bei der Parkinsonerkrankung auftreten. Ein Nachteil der Checkliste ist, dass die Fragen nicht auch an die betreuenden Personen gerichtet sind, sondern nur an die Patienten. Dies kann problematisch sein, da die Validität der Aussage, insbesondere bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Parkinsonerkrankung, vermindert sein könnte. In allen drei Validierungsstudien wurden relativ hohe Bodeneffekte in den einzelnen Domänen, insbesondere aber im Bereich Störungen der Impulskontrolle, gezeigt. In den beiden Folgestudien wird dies mit der fehlenden Repräsentation von Patienten mit fortgeschrittener Parkinsonerkrankung begründet.
Bewertung
Die CENS-PE ist ein pragmatisches Verfahren zur Erfassung neuropsychiatrischer Symptome bei Patienten mit Parkinsonerkrankung im stationären, ambulanten oder rehabilitativen Bereich. Die CENS-PE verhilft dem behandelnden Arzt oder Psychologen, sich einfach und systematisch einen Überblick über das Vorhandensein von unterschiedlichen, für die Parkinsonerkrankung charakteristischen, neuropsychiatrischen Symptome zu verschaffen und deren Ausprägung mittels eines Summenwertes zu berichten. Das Verfahren ist einfach anzuwenden. Die CENS-PE kann als Papierfragebogen gemeinsam mit dem Patienten in etwa fünf Minuten ausgefüllt werden. Die Auswertung der Fragen erfolgt standardisiert und der Summenwert liefert neben der Information über das Vorliegen von neuropsychiatrische Störungen auch Hinweise darüber, ob eine ausführliche psychiatrische Konsultation indiziert ist. Das Verfahren wurde in drei unabhängigen Studien hinsichtlich Reliabilität und Validität geprüft.
Sowohl in der Originalstudie als auch in der spanischen und in der deutschsprachigen Validierungsstudie konnte gezeigt werden, dass die Checkliste neuropsychiatrische Symptome insgesamt reliabel und valide erfasst. Bei den Patienten, welche in den beiden Folgestudien untersucht wurden, waren die Symptome in den Domänen Psychotische Symptome und Störungen der Impulskontrolle schwach ausgeprägt. Dadurch sind Reliabilität und Validität in diesen Störungskomplexen nur limitiert beurteilbar. Um die Güte des Verfahrens abschließend beurteilen zu können, fehlen folgende Auswertungen:
(1) Aspekte der Reliabilität wie die Reproduzierbarkeit der Beurteilung sowie die Unabhängigkeit von der Person, welche das Verfahren anwendet, wurden weder in der originalen noch in der deutschen oder in der spanischen Version untersucht.
(2) Die Diagnosen wurden nicht nach den Goldstandards vergeben. In allen Versionen fehlt eine systematische Diagnostik hinsichtlich der Diagnosen Depression, Angststörung nach DSM-5 bzw. ICD-10.
(3) Eine systematische Analyse der Cut-off-Werte, nach denen das Vorliegen neuropsychiatrische Probleme und die Indikation einer ausführlichen neuropsychiatrischen Störung beurteilt wird, fehlt ebenfalls.
(4) In allen Validierungsstudien wurden relativ hohe Bodeneffekte in den einzelnen Domänen berichtet, was wahrscheinlich auf die fehlende Repräsentation von Patienten mit schwerer Parkinsonerkrankung zurückzuführen ist. Da bei diesen Patienten weitere Schwierigkeiten, wie beispielsweise Einschränkungen beim Sprechen oder allgemeine Probleme der Kognition erwartet werden, würde eine Studie mit Daten aus dieser Subgruppe wichtige Informationen über die Validität der Checkliste liefern.
Erstmals publiziert in:
Meyer, A., Hadinia, A., Hatz, F., Martinez-Martin, P., Fuhr, P., Stieglitz, R. D. & Gschwandtner, U. (2016). Deutsche Übersetzung und Validierung der Checkliste zur Erfassung neuropsychiatrischer Störungen bei Parkinsonerkrankung (CENS-PE). Fortschritte der Neurologie Psychiatrie, 84 (7), 421-427 PSYNDEX Dok.-Nr. 0316939
Literatur
Chaudhuri, K. R., Odin, P., Antonini, A. & Martinez-Martin, P. (2011). Parkinson's disease: The non-motor issues. Parkinsonism & Related Disorders, 17 (10), 717-723. (DOI: 10.1016/j.parkreldis.2011.02.018)
Martinez-Martin, P., Frades-Payo, B., Agüera-Ortiz, L. & Ayuga-Martinez, A. (2012). A short scale for evaluation of neuropsychiatric disorders in Parkinsons disease: first psychometric approach. Journal of Neurology, 259 (11), 2299-2308. (DOI: 10.1007/s00415-012-6490-x) [English version appended pp. 2305-2306]
Meyer, A., Hadinia, A., Hatz, F., Martinez-Martin, P., Fuhr, P., Stieglitz, R. D. & Gschwandtner, U. (2016). Deutsche Übersetzung und Validierung der Checkliste zur Erfassung neuropsychiatrischer Störungen bei Parkinsonerkrankung (CENS-PE). Fortschritte der Neurologie Psychiatrie, 84 (7), 421-427. (DOI: 10.1055/s-0042-106580) PSYNDEX Dok.-Nr. 0316939
Rodriguez-Violante, M., Cervantes-Arriaga, A., Velazquez-Osuna, S., Llorens-Arenas, R., Calderon-Fajardo, H., Pina-Fuentes, D. & Martinez-Martin, P. (2014). Independent validation of the SEND-PD and correlation with the MDS-UPDRS Part IA. Parkinson's Disease, e260485. (DOI: 10.1155/2014/260485, 10.1155/2014/26048)
Orginalfassung/Anderssprachlige Fassungen
Martinez-Martin, P., Frades-Payo, B., Agüera-Ortiz, L. & Ayuga-Martinez, A. (2012). A short scale for evaluation of neuropsychiatric disorders in Parkinson's disease: first psychometric approach. Journal of Neurology, 259 (11), 2299-2308. https://doi.org/10.1007/s00415-012-6490-x [English version appended pp. 2305-2306]
Rodriguez-Violante, M., Cervantes-Arriaga, A., Velazquez-Osuna, S., Llorens-Arenas, R., Calderon-Fajardo, H., Pina-Fuentes, D. & Martinez-Martin, P. (2014). Independent validation of the SEND-PD and correlation with the MDS-UPDRS Part IA. Parkinson's Disease, e260485. https://doi.org/10.1155/2014/260485 10.1155/2014/26048
Rückmeldeformular
Rückmeldung über die Anwendung eines Verfahrens aus dem Testarchiv des Leibniz-Instituts für Psychologie (ZPID) an die Testautoren/-innen
Kontaktdaten
Dr. phil. Antonia Meyer, M.Sc., Neurologie, Abteilung für klinische Neurophysiologie, Universitätsspital Basel, Petersgraben 4, CH-4031 Basel, Schweiz
Prof. Dr. med. Peter Fuhr, Facharzt Neurologie FMH, Leitender Arzt, Abteilung für klinische Neurophysiologie, Neurologische Klinik, Universitätsspital Basel, Petersgraben 4, CH-4031 Basel, Schweiz
Prof. Dr. med. Dipl. Psych. Ute Gschwandtner, Emeritus, FMH Psychiatrie, assoziierte Ärztin, Neurologische Klinik, Universitätsspital Basel und Konsiliarärztin, Reha Rheinfelden, Petersgraben 4, CH-4031 Basel, Schweiz
Dr. phil. Anousha Hadinia, Psychotherapie und Beratung, Spalenring 160, CH-4055 Basel, Schweiz
PD Dr. med. Florian Hatz, Oberarzt, Neurologische Univ.-Klinik Basel Petersgraben 4, CH-4031 Basel, Schweiz
Dr. Pablo Martinez-Martin, MD, PhD, Instituto de Salud Carlos III, Centro Nacional de Epidemiología y CIBERNED, Av. de Monforte de Lemos, 5, ESP-28029 Madrid, Spanien
Prof. Dr. Rolf-Dieter Stieglitz, Emeritus, Klinische Psychologie und Psychotherapie, Missionsstrasse 60/62, 4055 Basel, Schweiz